Zum Besitzen und Verschenken

Erich Kästner - Die Romane

von Frank Becker
Fabian
Drei Männer im Schnee
Die verschwundene Miniatur
Der kleine Grenzverkehr


Vergnügliche Lektüre für den ganzen Winter mit
Erich Kästners Romanen "für Erwachsene"



Mit Sicherheit wird auch dieses Jahr in der romantischen Zeit um Weihnachten herum, in der traditionell Schnee zu liegen hat und die Ski-Saison in Hochblüte steht, ein Film, eine Komödie über die Fernsehschirme flimmern, der dunkle Stunden hell, traurige Menschen heiter und die Welt um ein kleines bißchen besser macht: "Drei Männer im Schnee". Nun ist es so, daß heuer der Schnee sozusagen ins Wasser zu fallen scheint, was uns aber nicht abhalten soll, diesen herrlichen Streifen mit Günther Lüders, Paul Dahlke und Claus Biederstaedt, zum x-ten Mal anzusehen. Ich werde es gewiß tun, denn die Szene, in der Herr Kesselhut (das ist Günter Lüders) beim Besäufnis mit dem ollen Geheimrat Schlüter al. Herrn Schulze (Paul Dahlke) und Dr. Fritz Hagedorn (Claus Biederstaedt) seine legendäre Lach-Arie hat, ist mit Geld nicht zu bezahlen.

Kurt Hoffmann hat Erich Kästners spritzigen, heiteren Roman 1955 kongenial verfilmt - ein cineastisches Meisterstück. Womit wir beim Buch sind, das dem Leser den gleichen Genuß bietet wie dem Kinofreund der Film. Natürlich gab es das bisher schon in der einen oder anderen Ausgabe beim Sortimenter oder Antiquar. Jetzt aber ist bei Haffmans eine ganz, ganz feine Luxusausgabe erschienen, die es wert ist, etwas genauer betrachtet zu werden. Zum ersten Mal nämlich hat es ein Verlag unternommen, alle vier Romane, die Erich Kästner für seine erwachsenen Leser geschrieben hat, in einem Band gemeinsam zu veröffentlichen. Zuvor war ähnliches 1959 nur in einer Gemeinschaftsausgabe der Verlage Atrium (Zürich), Cäcilie Dressler (Berlin) und Kiepenheuer & Witsch (Köln/Berlin) in zwei Bänden der Gesamtausgabe von Kästners Werken geschehen. Nun aber hat man "Fabian" (1931), "Drei Männer im Schnee" (1934), "Die verschwundene Miniatur" (1935) und "Der kleine Grenzverkehr" (1938) kompakt und handlich beieinander, dazu das Roman-Fragment "Der Zauberlehrling" in 10 Kapiteln aus dem Jahr 1936 und zwei Aufsätze zum "Fabian", die nie in eine Ausgabe des Romans aufgenommen wurden. Erich Kästners Vorworte wurden übernommen, was die Ausgabe noch wichtiger macht.

Eine turbulente Kriminalgeschichte mit allerlei Verwechslungen Zwischenfällen und selbstverständlich gutem Ende hat Erich Kästner mit "Die verschwundene Miniatur" seinen Lesern geschenkt. Mit Paul Westermeier in der Hauptrolle als Schlachtermeister Külz 1954 von Carl-Heinz Schroth und 1989
von Vera Loebner mit Kurt Böwe in der Hauptrolle wurde er Kästner-kongenial für die DEFA verfilmt. Ebenso perfekt wurde fürs Kino "Der kleine Grenzverkehr" 1956, wie die "Drei Männer im Schnee" von Kurt Hoffmann, mit Marianne Koch und Paul Hubschmid sowie weiterer grandioser Besetzung unter dem Titel "Salzburger Geschichten" inszeniert. Die Filmfassung 1943 von Hans Deppe mit Willy Fritsch und Hertha Feiler erreicht diesen Charme nicht ganz. Daß der Film damals trotz Publikationsverbot für Kästner überhaupt entstehen konnte, ist kurioserweise Joseph Goebbels zu verdanken gewesen, der das Verbot unter der Bedingung aufhob, daß Kästner unter dem Pseudonym Berthold Bürger das Drehbuch schrieb. Am Rande originell, daß Kästner in seinem Roman den bereits in "Drei Männer im Schnee" benutzten Namen Kesselhut abermals verwendet, nämlich für die Rolle des Freundes der männlichen Hauptrolle.
Auch wenn ich hier zur Illustration die Filme zitiert habe: die gemütliche Lektüre der
Romane hat eine noch weit tiefer gehende Wirkung. Das zeigt sich - im Selbstversuch getestet - durch das leise glucksende Lachen, das sich immer wieder beim Lesen und Entdecken köstlicher Schilderungen und Dialoge dieser drei heiteren Romane Bahn bricht.

"Fabian - Die Geschichte eines Moralisten" nimmt unter den Romanen Erich Kästners eine Sonderstellung ein. 1931 mit wachem Blick auf die politische und damit gesellschaftliche Entwicklung geschrieben und bereits damals vom Verlag zensiert, wurde er nicht nur 1933 unter Vorwänden verboten und in der ideologischen Verblendung und grenzenlosen Dummheit der Nationalsozialisten bei der Bücherverbrennung in die Flammen geworfen - er wurde auch zum Anlaß genommen, über Erich Kästner ein Publikationsverbot (s.o.) zu verhängen. Die Geschichte eines Mannes, der sich von der allgemeinen Unmoral abwendet, den leichtfertig provozierten Tod durch Suizid eines Freundes erleben muß und schließlich als Lebensretter selbst einen tragischen Tod erleidet, ist keine Lektüre zum Vergnügen - wenn auch ein literarisch-philosophischer Exkurs von hohem Wert.

Die Sammlung der Romane Erich Kästners ist ein Buch zum Besitzen und Verschenken. Man tut sich Gutes damit an.

Erich Kästner: „Die Romane“
C 2011 Haffmans bei Zweitausendeins,799 Seiten, Leinen, Buchbinde, Lesebändchen
11,5 x 18,6 cm, ISBN 978-3-942048-40-8
17,90 €
Nur bei Zweitausendeins
 
Weitere Informationen unter: www.haffmans-tolkemitt.de