Und die Titanic fährt doch

Lesung mit Ulrich Land in der Galerie Epikur

von Jürgen Kasten
Und die Titanic fährt doch

Ulrich Land


Lesung in der Wuppertaler Galerie Epikur am 23.11.2011
 
Ulrich Lands dritter Krimi der Reihe „Mord und Nachschlag“ des Münsteraner Oktober-Verlag hat bereits außergewöhnliche Leseorte hinter sich. Im Planetarium Bochum wurde dazu der Sternenhimmel der Untergangnacht nachgestellt, auf einem Schiff der Weißen Flotte im Baldeneysee ein Teil des Menüs der zweiten Klasse serviert. Die genaue Menüfolge ist im Buch nach zu lesen. Jetzt nun eine Lesung in der Galerie Epikur, untermalt von fantastischen Klängen des Gitarristen Michael Burger, der in den Lesepausen mit dem an Ska angelehnten Eigenkompositionen begeisterte.
 
Doch nun zum Roman. Ich scheue mich, ihn einen Krimi zu nennen, denn er sprengt das übliche Genre. Spätestens seit dem Titanic-Film des Regisseurs James Cameron ist jedem die unglaubliche Geschichte dieses Schiff-Titanen der Weltmeere bekannt, unsinkbar und doch gesunken. Aus einer Mischung bekannter Fakten, technischer Details und Fiktion rankt Ulrich Land sieben Tage im Leben des William McMaster Murdoch, erster Offizier auf der Titanic, die nicht hätte sinken müssen.
Den ganzen Tag über gingen am 14. April 1912 Eiswarnmeldungen auf der Titanic ein. Sie wurden ignoriert, denn die Eigner des Schiffes und Captain Smith wollten während der Überfahrt nach New York nebenbei einen Geschwindigkeitsrekord aufstellen. So befand sich die Titanic in voller Fahrt, als um 23:39 Uhr aus dem Krähennest der Ruf „Iceberg right ahead!“ erscholl. Murdoch war Befehlshaber auf der Brücke und er handelte intuitiv. Der Versuch auszuweichen, hätte unweigerlich ein seitliches Aufschlitzen des Schiffes zur Folge, schoß es ihm durch den Kopf. Blieb nur eines: Mit dem Bug frontal gegen den Berg. Das war die richtige Entscheidung. Es gab einen gehörigen Bums, eingedrückten Stahl und fast 100 Tote; aber die Titanic sank nicht mit Mann und Maus und erreichte schwer beschädigt sieben Tage später New York.
 
Das Martyrium dieser sieben Tage, in denen Murdoch in einer Kammer gefangen gehalten wird, ist die Substanz des Romanes. Man will ihn zwingen, Suizid zu begehen, damit in einer Gerichtsverhandlung nicht die Bausünden der Werft und Fehler der Ingenieure zur Sprache kommen. Murdoch verzweifelt schier. In seinem Kopf spuken die Gespenster der Ertrunkenen und führen irrsinnige Diskussionen. Er fantasiert sich in einen Gerichtssaal, wird dort vom Angeklagten zum Ankläger und triumphiert über seine Widersacher. Und doch übermannt ihn die Angst. Depressionen lassen ihn mehrmals zum Revolver greifen. Eine einzige Kugel haben sie ihm zur Verfügung gestellt. Sie müßte ausreichen, seinem Leben ein Ende zu setzen, wenn da nicht June wäre, die verführerische Krankenschwester, die ihn verpflegt...
Der Spannungsbogen des Buches verbietet es, mehr zu erzählen.

In seiner ihm besonderen Art las Ulrich Land vor einem kunstverständigen Publikum. Das besondere Ambiente der Wuppertaler Galerie Epikur ergab ein Übriges, um diesen Abend abzurunden. HP Nacke betreibt die Galerie seit 30 Jahren, seit einiger Zeit an ihrem neuen, repräsentativen Standort in der Friedrich-Ebert-Str. 152a. Aus diesem Anlaß stellte er gleichzeitig seine Ausstellung „Schätze aus Schübern und Lagern“ vor, die am Samstag, den 26.11.2011 offiziell eröffnet wird.
 
Die Lesungen Ulrich Lands werden noch an verschiedenen Orten wiederholt, unter anderem zum hundertsten Jahrestag des Unterganges, am 14.04.2012 auf dem Baldeneysee in Essen - und dabei werden natürlich wieder Speisen gereicht, die auch den Passagieren der privilegierten 2. Klasse mundeten (Menüfolge auf S. 309).
Ein Buch für Leser, die das Besondere suchen und nicht dem Mainstream folgen.
 
Ulrich Land - „Und die Titanic fährt doch“

Ulrich Land, Michael Burger - Foto © J.v. Scherenberg
Nordatlantik-Krimi mit Rezepten
© Oktober 2011, Oktober-Verlag, Münster
ISBN: 978-3-941895-18-8, Broschur, 340 Seiten
€ 14,00
 

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