Ein Hurrikan

Aber: Compagnie Heyoka Pampa Argentina bei ihrer Deutschland-Premiere vor (fast) leeren Reihen

von Frank Becker
Ein Hurrikan
 
Die Compagnie Heyoka Pampa Argentina riß bei ihrer Deutschlandpremiere in Remscheid die Besucher von den Sitzen
 
Remscheid. Soviel geballten Machismo, Testosteron bis in die Haarspitzen und knisternde tänzerische Energie kann man in 90 Minuten auf einer Bühne nur höchst selten erleben. Die 14 Tänzer der Compagnie Heyoka Pampa Argentina, die am vergangenen Freitagabend im nur spärlich besuchten Remscheider Teo Otto Theater die Deutschlandpremiere ihres grandiosen von Gilles Brinas-Peron konzipierten Programms „Che… Malambo!“ feierten, brannten vor den rund 130 hellauf begeisterten Zuschauern ein prasselndes Feuerwerk der Füße ab.
 
Rituale
Die erwartungsvolle Stille im Saal wird von dem sich langsam rhythmisch steigernden Solo einer einzigen Bombo (Trommel) aufgelöst, zwölf Tänzer kommen sukzessive hinzu und zeigen ein präzise wie ein Uhrwerk ablaufendes Ballett von 24 zunächst nackten stampfenden Füßen. Man nimmt sich die notwendige Zeit, um Tempo und Spannung aufzubauen. Die so Trommel-Schlag auf Trommel-Schlag und durch den später knallharten Wirbel hochhackiger, Tanz-Stiefel angereicherte Energie fegt dann allerdings wie ein Hurrikan und ohne Flaute für anderthalb Stunden über die Bühne. An die Tradition der Gauchos angelehnt sind die Kostüme der feurigen Argentinier, Männer wie Bogensehnen.
Rituale des Kampfes werden in faszinierender tänzerischer Kraft illustriert. Aus dem ersten hämmernden Step-Solo wird ein von Trommelklängen begleiteter rivalisierender Pas de deux. Weitere Tänzer treten hinzu, bis 12 wie auf Stahlfedern gespannte Körper synchron und in unerhörter Präzision einen mitreißenden, begeisternden Wirbelsturm mit Sohlen, Hacken, ja sogar Seitenrist und Spitzen der redenden Füße entfesseln.


Foto © www.che-malambo.com
Gelegentlich wird das Stakkato der Füße durch die geballte Wucht von bis zu zwölf Bombos ersetzt. Jeder der Tänzer kann hier alles. Hat man ein phantastisches Solo gesehen, wird es im nächsten Augenblick durch ein noch brillanteres abgelöst oder ein gewaltiger Ensemble-Auftritt tobt über die Bühne, preßt die Zuschauer durch seine Kraft erst in die Sitze, um sie gleich darauf im Applaus wieder hochzureißen. Der Eleganz, der männlichen Ausstrahlung der 14 Solisten hält im Vergleich keine andere Compagnie stand. Sogar zum Singen und Gitarrespielen haben diese unter Strom stehenden Energie-Bündel zwischendurch noch Atem.
 
Wirbelnde Kreise
 
Umjubelte und mit stehenden Ovationen gefeierte Höhepunkte wurden Mal um Mal die alle Sinne berauschenden, unglaublich präzisen Tanznummern unter Einsatz der zum Trommel- und Step-Rhythmus gedrehten Boleados, an langen Schnüren in rasend schnellen Kreisbewegungen gedrehten, mit Steinen gefüllten Lederbeuteln. Sie gehen auf die Bola der Gauchos (Rinderhirten) zurück, die mit solchen mit Steinen oder Bleischrot gefüllten Wurfschnüren früher die Rinder einfingen. Silberglänzende schimmernde Kreise schlagen die Tänzer damit neben, vor, über, um sich - erst einer im gut zehnminütigen Solo, dann mehrere in Gruppen -, halten sie gelegentlich nur mit den Zähnen, lassen sie in rasendem Tempo, rhythmisch Step und Bombo unterstützend, im Takt auf den Boden treffen. Man steht

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atemlos vor der Geschicklichkeit und der unangestrengt erscheinenden Eleganz, mit der durchweg und schließlich in der berauschenden Schlußnummer das ganze Ensemble diese hypnotisierenden Kreise flirren und in Sekundenschnelle wieder verschwinden läßt.
 
Die von der Compagnie Heyoka Pampa Argentina gezeigte Einheit von Eleganz und Energie, Kraft und Körper, Wille und Spiel ist ein Ergebnis von eiserner Disziplin, höchstem tänzerischem Können und Freude am Tun. Sie wächst auf dem Boden einer männlich geprägten historischen lateinamerikanischen Philosophie.
Der anhaltende Jubel der wenigen Gäste dieser einzigartigen, hochkarätigen Tanz-Sensation aus Argentinien entschädigte die phantastischen Künstler für die geringe Zahl der Zuschauer. Man sah glückliche Gesichter auf beiden Seiten.
 
 

Foto © www.che-malambo.com

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