Apokalypse

Falkner - "Du Blutest Du Blutest"

von Jürgen Kasten
Apokalypse

Dieses Buch machte mich sprachlos. Ich brauchte einige Zeit, um mich auf eine Besprechung einzustellen und ich gebe zu, es nur quergelesen zu haben. Falkner zwingt den Leser an einen Abgrund zu treten, dessen Rand ich nicht überschreiten wollte. Das Lesen habe ich mir deshalb nur abschnittsweise zugemutet.
 
Doch uvor der biographische Klappentext, der das Konzept der Autorin ahnen läßt: „Falkner, 1970 geboren in Kollerschlag, Oberösterreich, promovierte in politischer Psychologie zum Thema verbale Konstrukte. Seit 2005 Literatur- und Kunstprojekte, Bücher und Manifeste, Performance, Installation, interventionistische Kunst.“
Falkner legt keinen Wert auf ihren Vornamen, sie will sofort zur Sache kommen: „Die Beine dort, der Kopf da drüben, das geht wirklich.“ Das ist der erste Satz des Romans, der die übliche Erzählform einer Geschichte konsequent verweigert. In kurzen knappen Sätzen, auch in Versform, werden alle Perversitäten aufgezeichnet, die ein Mensch sich ausdenken kann.

Die Gedanken - oder ist es die gespiegelte Realität?- laufen im Kopf des elfjährigen Ivan ab. Sein Name assoziiert Osteuropa. Tatsächlich läßt einen das Geschilderte an das zerfallene Ex-Jugoslawien und die darauf folgenden Kriege denken. Die dort geschehenen Greueltaten, die zum Teil erst jetzt in allen Details bekannt werden, können einen Menschen, zumal ein Kind, psychisch zerstören. Ist es da nicht besser, gleich zu sterben? Auch Ivan hat solche Suizidgedanken, doch er überlebt, beobachtet, registriert, klagt an und sucht sich Gleichgesinnte. Sie bilden eine Gang und „mischen“ mit.
 
Es wimmelt von Geschundenen, Gefolterten, zerschossenen Körpern, zerrissenen Gliedern. Ivan bastelt sich aus Leichenteilen eine menschliche Puppe, er braucht einen Freund. Erwachsene wissen sich nicht zu helfen. Der Gewaltspirale können sie sich nicht entziehen. Opfer sind immer wieder auch Kinder. Ivan zählt ihre Leichen. Der letzte Satz: „Kinder hängen an Bäumen“.
Wahrlich keine leichte Kost, die Michaela Falkner hier zu Papier brachte. Aber es muß legitim sein, der Wahrheit einen Raum zu geben. Vor der Realität darf man nicht die Augen verschließen und sei sie noch so grausam. Jeder ist aufgerufen, sich dem entgegen zu stellen, um jedem Menschen ein Menschsein zu ermöglichen.

Beispielbild

Falkner
Du Blutest Du Blutest

© 2011 Residenz Verlag, St. Pölten-Salzburg

118 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag, ISBN: 978-3-7017-1568-8
€ 19,90
 
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