Bahnkatastrophe bei Hordorf

Ein Zwischenruf

von Peter Bilsing/Bec.
Bahnkatastrophe bei Hordorf

Ein Zwischenruf
von Peter Bilsing
 
Zehn Menschen haben ihr Leben verloren, Dutzende andere wurden schwer verletzt (das bedeutet, Herr Grube, daß bei diesem Unfall Menschen Körperglieder oder das Augenlicht verloren haben, gelähmt, verstümmelt oder entstellt sind, daß sie eventuell geistig oder körperlich behindert bleiben, bzw. daß organische und mechanische Abläufe wie Atmung, Verdauung, Nahrungsaufnahme oder Motorik so geschädigt sind, daß sie nur noch mit medizintechnischer Hilfe funktionieren), als vor vier Tagen auf einer ungesicherten eingleisigen Bahnstrecke in Sachsen-Anhalt ein schwerer Güterzug und ein Personenzug in voller Fahrt frontal zusammenstießen. Kein Nothalt-System hat diesen vermeidbaren fatalen Unfall verhindert. Jetzt treibt die Frage nach der Schuld die Verantwortlichen und die Ermittler um. Ganz vorne auf die Anklagebank gehören die Herren Hartmut Mehdorn (Ex-Vorsitzender der Bahn-AG) und der jetzige Bahn-Chef Rüdiger Grube mit ihren jeweiligen Aufsichtsratskonsorten. Da werden Wahnsinnssummen in unsinnige Prestigeprojekte (z.B. Stuttgart 21) gesteckt und für Milliarden Auslandseinkäufe (teilweise völlig sinnlos) getätigt, aber für die Grundsicherheit der deutschen Bahngäste wird nichts getan bzw. sie wird zu allem Überfluß auch noch ständig abgebaut.
 
An die Börse will man mit Nachdruck und anscheinend um jeden Preis – ja, Millionen möchten sie verdienen, die Leitfiguren im Bahnvorstand, die wie ihre Kollegen die Banker ordentlich absahnen wollen. Da dürfen dann schon mal Leichen den Weg pflastern - oder auf der Strecke bleiben, um beim Terminus zu bleiben. Sind das vielleicht Kollateralschäden a la Kriegsminister Fischer? Es sind ja nicht die ersten Menschen, die aufgrund falsch verstandener Sparsamkeit ihr Leben zum Wohle des Profits der Bahn lassen mußten. Herr Grube genießt wie sein Vorgänger im gut bezahlten Amt weiterhin seine Millionen statt im Knast zu sitzen, während die Unfallopfer - wenn nicht tot -  und ihre Angehörigen ein Leben lang traumatisiert sind. Im Gefängnis sollte er alleine schon wegen seiner im Stasi-Maßstab angelegten Bespitzelung des Personals einmal beim Tütenkleben über die Würde des Menschen und den Wert des Lebens nachdenken dürfen.
 
Eine simple Sicherung gegen das Überfahren von Stop-Signalen – das ist bahntechnisch quasi Steinzeittechnologie – gibt es auf einer (dieser) eingleisigen Strecke nicht. Ganze 5.000,- € hätte das gekostet (wo der Bund nach 500 Millionen € aus den Gewinnen der Bahn verlangt, um seine politisch verschuldeten Haushaltslöcher zu stopfen), hört man in Kommentaren. Unfaßbar! Wer hat diese Bahnstrecke so je genehmigt? Hier gehören auch noch viele, viele andere Leute auf die Anklagebank. Aber wetten daß? Am Ende muß alles der arme Kerl ausbaden, der aus was für Gründen auch immer jenes eine einzige Haltesignal überfahren hat. Doch auch er gehört im Grunde zu den Opfern des Sparwahns und der Geldgier der Bahn-Bosse.
 
Muß das dringend notwendige große Umdenken den Bahnvorständen und der Politik, an deren verantwortlicher Spitze Verkehrsminister Peter Ramsauer, eigentlich erst eingeprügelt werden? Die Bahn hat dem Bürger als sicheres - und gewiß, als rentables - Verkehrsmittel zu dienen aber nicht zur Finanzierung des Luxuslebens seiner Vorstände und zum Reparieren des Flickwerks deutscher Haushaltspolitik. Persönliche Haftung muß Vorstände und Politiker unmittelbar mit den Folgen solcher und anderer Katastrophen konfrontieren, anstatt sie im Falle des Desasters mit einer unanständig fetten Abfindung in den unverdienten Reichtum zu entlassen.