Die Varusniederlage oder Die Schlacht im oder am Teutoburger Wald

Die Schlacht um die Schlacht - (Teil 2)

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Die Varusniederlage
oder
Die Schlacht im oder am Teutoburger Wald
Oder
Die Schlacht um die Schlacht
Die reine rheinische Wahrheit

- Teil 2 -
 
 
Das Aufräumen geht weiter



Es jeht also um die Frage: worum jeht et denn? Diese Frage kann man sich in Zusammenhang mit der Varuschschlacht nicht oft genug stellen, dann was wir wissen ist, daß wir kaum was wissen.
Das allerdings aus gutem Grund, es liegt an der mangelhaften Quellenlage.
In alten Höhlen im Eggegebirge leben zwar noch sehr zurückgezogen einige Zeitzeugen – römische Legionäre die sich aus der Varusschlacht davongeschlichen haben, sich cheruskische Namen gegeben haben und dann, wie weiland die japanischen Offiziere, die das Ende des Zweiten Weltkriegs im Urwald verschlafen haben, in Höhlen mit extrem konservierendem Salzgehalt bis heute überlebt haben, nur die Velmerschen sind gestorben, weshalb ihnen zu Ehren der Hügel dort die Velmerstot heißt – diese Zeitzeugen sind aber nicht wirklich auskunftswillig und auch kaum vernehmungsfähig: sie sprechen eine Mischung aus Latein und vorwestfälischem Platt, eine Mischung, die sonst nur im Sauerland überlebt hat. Die fallen also schon mal aus.
Was gibt es sonst für Quellen? Gut: die Texte.
Da haben schon einige Römer und Griechen was dazu geschrieben:
der Tacitus in seiner Germania,
der Strabon in seinen GEOGRAFIKA,
der Cassius Dio in seiner Historia Romana,
der Velleius Paterculus in seinem gleichnamigen Werk und dann noch der eine oder andere kleiner Autor.
Das ist natürlich eine ganze Menge und damit wissen wir schon einiges über die Hauptdarsteller dieses Triumphs oder dieser Niederlage – je nachdem, wie man es sehen will – aber über eines wissen wir damit immer noch nix: über die Frage, wo denn zum Teufel noch mal dieses Ereignis stattgefunden hat.
Und das ist natürlich die entscheidende Frage, denn: wer von sich sagen kann: Ja, hier bitte schön, hat die Schlacht stattgefunden und da drüben hinter der Bluteiche, wenn Sie mal schauen wollen, hat sich der Varus in sein Schwert gestürzt, hier, gucken Sie mal, ist der Schnitt in der Rinde, der übriggeblieben ist, weil der Varus nicht so genau wußte, wie dick er ist und sich viel zu heftig darein gestürzt hat, der hätte beinahe noch die ganze Buche mit umgesäbelt. Muß man ja auch mal sagen: dem Römer war ja damals Natur und was dazugehört so was von egal, da haben die keine Rücksicht drauf genommen – tun sie ja heute noch nicht.
Der Umweltgedanke hat sich in Italien noch nicht durchgesetzt – sonst hätten die den Berlusconi längst schon entsorgt. Gut, also: willse machen. Wer also von sich sagen kann: Hier hat die Schlacht stattgefunden, der ist finanziell gesehen durch, weil: da kommen die Busse, aber Halloo! Haben Sie ja bei der Eröffnung der drei großen Ausstellungen schon sehen können und wat meinen Sie, wie dat dann weitergehen wird?! Da kommt auch das legendäre Reiseunternehmen „Schäfers Reisen Siegburg“ mit einem Bus nach dem anderen, da sind sogar Westerwälder dazwischen, kann ich Ihnen sagen, da läuft der Rubel. Und deshalb sind sie ja alle so hartnäckig dahinter her, der Ort der Schlacht zu sein.
Ich kann Ihnen übrigens jetzt schon verraten: ich habe das Geheimnis gelöst, ich weiß definitiv, wo diese legendäre Schlacht stattgefunden hat.
 
Ich meine: im Prinzip wär es ja ejal, wo diese Schlacht stattgefunden hat, das könnte sogar in Düsseldorf gewesen sein, aber weil jetzt die Niedersachsen sich das alles unter den Nagel gerissen haben, muß jetzt mal ein Schlußstrich unter diese Geschichte gezogen werden. Osnabrück! Bramsche – Kalkriese! Da kann ich doch nur lachen!
Um das aber herauszufinden, wo doch in der Literatur quasi nix steht außer beim Tacitus die legendären vier Wörter: HAUD PROCUL TEUTOBURGIENSI SALTU – wir kommen noch dazu – müssen wir schauen, ob der Boden was hergibt. Also die Archäologen sind gefragt, die Leute mit dem Schäufelchen.
Nun ist das aber ein ganz spezielles Thema, weil: gegraben wird viel, gefunden wird oft, aber nicht immer das, was man braucht.
Das ist das Problem der Archäologen.    
Und dann aus der Römerzeit! Da liegt ja heute noch ein Zeug herum, das glaubt man nicht! Hier: Köln! Da sagt der Richard Rogler ja schon: grab in Köln ein Loch und es springt ein Römer raus. Gut – unterm Stadtarchiv sind sie schon früher rausgesprungen, sonst wär das ja nicht passiert!
Es ist im Rheinland aber wirklich schon fast lästig mit den Römerfunden. Hier: Aachen, um nur ein Beispiel zu nennen. Zur Römerzeit waren in Aquisgranum, also im Aachener Stadtteil Burtscheid, römische Thermen, Saunen etc. pp., Aachen war ja damals schon Bad, noch vor Salzuflen, stellen Sie sich vor!, und da haben der Varus, der Tiberius, vor ihnen der Drusus, die haben sich da alle schon gegen die Krankheit kuriert, die jeden Römer hier erwischt hat: das Germanen-Rheuma, weil: die kamen aus dem sonnigen Süden und hier war ja quasi flächendeckend Regen, Nebel, Feuchtigkeit angesagt, da waren die fertig mit der Welt. Zwei, drei Monate in Haltern, was ja das antike Aliso war,– Sie wissen, das waren die Jungs von der 19. Legion – oder in Anreppen bei Paderborn stationiert, da ist es ja heute noch so, daß Auswärtige öfters beim Arzt sind als beim Kartoffelgraben, was für die Agrarindustrie in Ostwestfalen wie wir wissen ja immer wieder verheerende Folgen hat.
 
Also in Aachen haben die Römer, wie anderswo auch, Saunen und Thermen gebaut und davon ist natürlich noch eine ganze Menge erhalten. Jetzt hat ein nicht genannt werden sollendes Unternehmen vor ein paar Jahren in Aachen gebaut und was ist? Sie stoßen auf die Reste einer römischen Sauna. Das hält schon ziemlich auf, weil: da kommen dann die Archäologen, machen und tun und du hast schon mal einen Baustopp von Wochen bis Monaten. Und draußen wartet der Lkw mit der Betonpumpe, ich meine: das kostet ja alles Geld, oder? Da gibt es dann schon so was wie rheinische Lösungen: die haben mal kurz auf die römischen Ziegel geguckt, haben dann gesagt: „Also die Leitungen sind aber nicht mehr brauchbar, da müssen neue Rohre rein“ was der Bauherr abgelehnt hat, weil er ja keine Sauna bauen wollte und dann haben die unter Hinweis auf die Tatsache, dass es ja noch zwei römische Saunen in Aachen gibt, weitergebaut – jetzt also keine Sauna sondern den Betrieb. 
Also: gegraben wird viel, gefunden wird oft, aber nicht immer das, was man braucht!
Und dann, wie gesagt, aus der Römerzeit. Da liegt im rheinischen noch ein Zeug im Boden, damit könnte man mühelos gut hundert Jahre Römerzeit wieder auferstehen lassen.
 
Hier: Schweinheim, also bei uns zu Hause! Dazu müssen Sie wissen, Schweinheim gehört zu Bad Godesberg, liegt aber nicht unten in der Rhein-Senke sondern hundertzwanzig Meter drüber, auf dem Berg quasi und das ist gut so. Jetzt hatten wir im März diesen Jahres folgende Situation: ich bin grad am Schreiben, da kommt dat Festkomitee an – also meine Frau – steht mit einem Schäufelchen vor mir und sagt: „Schätzchen, ich hab im Baumarkt ein tolles Sonderangebot gekauft, Osterglocken, und hab ein paar vor die Haustüre gestellt. Meinst Du, Du könntest die grad mal eben einpflanzen, das wär doch toll, wo wir doch gleich Ostern haben“. Nun hätte ich natürlich sagen können: Hast Du se noch alle, ich bin hier grad wichtige Texte am schreiben, ich kann doch jetzt nicht raus und Zeug einpflanzen, Osterglocken, ph!
Kann sowieso keiner läuten und so weiter und hätte mir damit natürlich eine satte Ehekrise eingehandelt und die doppelte Zeit verloren. Nein, ich habe im Rheinland viel gelernt, unter anderem auch den rheinischen Widerstand, ein Segen für die Ehe. Wissen Sie, was das ist: rheinischer Widerstand? Das ist: ich mache direkt, was das Festkomitee sagt, dann ist es erledigt und ich krieg auch noch ein lecker Täßchen Kaffe dabei! So einfach ist das. Also: ich nehm das Schäufelchen, meine Frau geht schon mal glücklich zur Kaffeemaschine und ich vor die Tür. Da stehen zwei Paletten Sonderangebots-Osterglocken (19 Ct. das Stück!) vor der Tür und da sind ja immer 20 % dabei, die nicht aufgehen nur: du weißt nie, welche 20 % das sind! Ich also Schäufelchen heraus und mach mich frisch ans Werk und was ist? Erster Stich: es klirrt! Ich daneben noch mal: zweiter Stich – es klirrt. Ich daneben noch mal: dritter Stich – es klirrt!
Was war? Mit meinen ersten drei Stichen mit dem Schäufelchen hatte ich schon drei Römerhelme ausgegraben! So ist das im Rheinland. Ich rufe direkt den General-Anzeiger an: „Hier, drei Römerhelme! Das kann nur einen Grund haben: die Varusschlacht! Die muß hier in Schweinheim stattgefunden haben!“ Ist aber nie abgedruckt worden, schad!

So, jetzt habe ich ausgrabungshalber ein bißchen weiter ausgeholt, war aber wichtig, wie Sie und andere archäologisch Interessierte sicher sofort eingesehen haben. Nächste Woche nehmen wir die ganzen vermeintlichen Schlachtfeldern mal etwas genauer in den Blick. Eine spannende Sache! - versichert Ihnen

Ihr
Konrad Beikircher




© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2011
Redaktion: Frank Becker