„Wetten dass?“ – zur Zweiten

Ein Kommentar

von Peter Bilsing

Foto © Frank Becker
„Wetten dass?“ – zur Zweiten
 
Erlauben Sie mir, meinem gestrigen Zwischenruf als Reaktion auf Leserstimmen einen weiteren folgen zu lassen. Ich finde, man muß beim Vergleich der Öffentlich Rechtlichen Fernseh-Sender Deutschlands und dem Privatfernsehen etwas differenzieren. Bei uns gibt es den sogenannten Öffentlich Rechtlichen Rundfunk und das entsprechende Fernsehen - das sind ARD, ZDF, deren Satelliten und die Programme der ARD-Länder. Diese finanzieren wir Bürger über eine nicht geringe Rundfunkabgabe, die demnächst sogar unabhängig davon ob jemand überhaupt Radio oder Fernsehen hat, pro Haushalt zwangserhoben wird.
 
Dafür müssen sich alle diese Programme an die Rundfunkgesetze halten, in denen ganz konkrete inhaltliche Vorgaben formuliert sind. Von „Quote“ steht allerdings nichts drin! Es geht in erster Linie um Information, Kultur und Bildung – ja die Öffentlich Rechtlichen Sender haben einen festgeschriebenen Bildungsauftrag; aber auch von Unterhaltung ist die Rede. Nicht von „Todesspielen“ (ich erinnere an Wolfgang Menges nachgerade erschreckend prophetisches „Millionenspiel“). Das Verbot von Werbung, außer in genau vorgegebenen Lokalfenstern, ist ohnehin selbstverständlich.
 
Alle anderen Sender sind Private mit nur einem Ziel: Geld zu verdienen. Was völlig in Ordnung ist. Daher sind dort alle Beiträge so quasi die Leimrute zwischen den Werbeblöcken. Um möglichst viele Leute anzulocken, muß also auch für den letzten Idioten etwas geboten werden. Das ist nicht verwerflich! Wenn also Menschen in diesen Kanälen Filme schauen wollen, dann ist mir unverständlich, wenn sie sich wegen der Unterbrecherwerbung aufregen oder wegen allzu dümmlicher Sendungen. Wer hier schaut, muß wissen was er schaut. Kostet ihn ja nichts.
 
Nun sitzen aber mittlerweile auf fast allen Programmdirektorensesseln der Öffentlich Rechtlichen Anstalten sogenannte Führungskräfte, die nichts anderes im Sinn haben, als den Kommerzsender-Schwachsinn zu kopieren. Und das ist das eigentlich Unfaßbare. Werbung wird entgegen dem festgeschriebenen Verbot via „Sponsoring“ listig über den ganzen Tag ausgeweitet: „Diese Scheiße wurde gesponsert von XYZ!“ Man schämt sich nicht einmal der Niveaulosigkeit, die man dort mittlerweile präsentiert.
 
Maßstab ist eindeutig die Masse der Zuschauer, die einschaltet – die Quote. Nich ohne Grund wird ständig statistisch erhoben und verglichen wieviele Menschen welche Sendungen angeschaut haben. So jagt man auf Teufel komm raus dieser Quote hinterher. Wer die nicht erfüllt, wird ebenso geschaßt wie die Fußballtrainer, die ihre Mannschaft nicht zu ununterbrochenen Siegesserien führen. Man will also die Masse ansprechen und wie geht das besser als durch Nervenkitzel. Todesgefahr! Man spekuliert mittlerweile gezielt – egal was der Pausenclown Gottschalk zur Rechtfertigung der gefährlichen Wetten in seiner Sendung sagt – auf die Unfallhoffer, die Voyeure, auf die Neugierigen, die auf der Autobahn anhalten, wenn es auf der Gegenseite ordentlich geknallt hat, und auf die vielen anderen, die zu Hause aus der Türe rennen, wenn der Rettungswagen oder die Feuerwehr in ihre Straße einbiegen.
 
Und eins ist sicher bei aller gelogenen scheinheiligen Empörung und Anteilnahme: geht dieses „Wetten dass?“ weiter, dann haben die in der nächsten Sendung eine absolute Rekordquote. Wetten daß?
 
Ihr
Peter Bilsing

Redaktion: Frank Becker