Landestheater Coburg
Eine Nacht in Venedig Operette von Johann Strauß Am Ende sind sie alleine und einsam, die beiden Superhengste aus Urbino, aber bis dahin war François De Carpentries „Nacht in Venedig“ ein Riesenspaß. Unter der Leitung von Michael Weiger brillierten die Solisten und das Philharmonische Orchester genauso wie der Chor, vortrefflich wie immer einstudiert von Stefan Meier. Eine dennoch fast unerträglich süße Walzerseligkeit verbreitete sich im Auditorium gleich zu Beginn an. Der Herzog von Urbino (Milen Bozkhov) kommt zum Karneval nach Venedig - weniger um die
De Carpentries schuf zusammen mit der Dramaturgin Susanne von Tobien und den Ausstattern Siegfried E. Mayer (Bühnenbild) und Judith Fischer (Kostüm) eine stimmige 50er-Jahre-Atmosphäre. Aber geht das, ein im Rokoko angesiedeltes Stück schadlos in eine andere Zeit umzusiedeln? In diesem Falle schon, denn die 50er waren ja ähnlich bigott wie die Entstehungszeit des Werks.
Soweit das Personalgemenge der Operette. Die Dramaturgie hält sich da an zwei Opern, einmal Don Giovanni, der ja auch nicht zum Zuge kommt und durchaus ein Onkel des Herzogs sein könnte, und an Offenbachs viel zu selten gespieltes Meisterwerk „La vie parisienne“. Auch da geht es um zwei Hyperpotente, die am Ende leer ausgehen. Der wichtigste Handlungsstrang in der Deutung von De Carpentries und von Tobien ist aber die emanzipatorische Entwicklung der Annina. Während Barbara weiterhin als ungetreue Gattin als Senatorin weiterlebt, Cibuletta als Frau des wankelmütigen Küchenchefs stets auf der Hut sein muß, entscheidet sich Annina gegen die Ehe mit Caramello, auch wenn dieser einen Hofmeisterposten beim Herzog erhält. Ein Leben als selbstständige Fischhändlerin erscheint ihr erstrebenswerter zu sein, als einerseits Frau eines notorischen Fremdgängers, andererseits als Sexobjekt des Herzogs zu sein.
Diese Emanzenstory kommt aber nicht kopflastig und mit erhobenem Zeigefinger daher, sondern ist ein buntes, kostümreiches Märchen im Sehnsuchtsland des Nachkriegsdeutschlands, das auch heute noch Gültigkeit hat. Viel zu schnell verging die Revue der schönen Stimmen, der bunten Bilder und der grandiosen Musik. Operette wie sie sein soll, spritzig, witzig, wunderbar gesungen hervorragend gespielt. Der Weg nach Coburg hat sich mal wieder gelohnt.
Fotos © Henning Rosenbusch
Weitere Informationen unter: www.landestheater-coburg.de Redaktion: Frank Becker |