Gräber erzählen Stadtgeschichte

Detlef Rick - "Melaten" - Kölns berühmter Friedhof

von Jürgen Kasten

Foto: Britta Schmitz
Melaten
Gräber erzählen Stadtgeschichte

Wer sich ein wenig für Friedhöfe interessiert, bevor er dort ständiger Gast wird, kennt auch Melaten, einen der größten Friedhöfe Deutschlands. Friedhöfe sind Orte der Ruhe, Orte mit einer besonderen Atmosphäre. Oft findet man dort außergewöhnliche Flora, Statuen und Gräber. Letztere zeugen vom Leben der Verstorbenen. Respekt drücken sie aus, liebevolles Angedenken, und sie verweisen auf Biographien, die dem Betrachter unbekannt sind oder wahlweise Erinnerungen wach rufen. Schlicht und zurückhaltend die einen, protzig in ihrer Monumentalität die anderen. Immer aber steht hinter ihnen eine Geschichte, die es zu erzählen lohnt.
 
Melaten wird in diesem Jahr genau 200 Jahre alt. Zwar erließ Napoleon bereits 1804 ein Dekret, wonach Bestattungen nur noch außerhalb der Stadtmauern zulässig waren, doch verzögerten die Kölner in stillem Ungehorsam die Umsetzung bis 1810. Seit dieser Zeit vergrößerte sich Melaten mehrmals. Der alte Ehrenfelder Friedhof und der jüdische Friedhof wurden mit einbezogen und inzwischen liegen dort soviele bekannte und prominente Verstorbene begraben, daß ihre Biographien die Geschichte einer ganzen Stadt, eben Köln, nacherzählen. Dies hat sich der bekannte Stadtführer, Kölschkenner und Autor anderer geschichtlichen Themen, Detlef Rick, zur Aufgabe gemacht. Ausführlich erzählt er die Geschichte des Kirchhofs Melaten, beschreibt die verschiedensten Bestattungsarten, begleitet einen Tag lang Besucher und Angestellte des Friedhofes durch das Gelände und fügt detaillierte Pläne aller Felder an. Sodann listet er Hunderte Gräber bekannter Persönlichkeiten oder solche mit außergewöhnlichen Grabmälern auf und weiß wirklich zu jedem eine Geschichte zu erzählen, die letztlich 200 Jahre Stadtgeschichte ergeben.
 
So zum Beispiel die der Familie Steinnus (Plan F, Flur 82, Nr. 27). Dort steht der „Sensemann“, Wahrzeichen des Friedhofs Melaten, geschaffen von dem Bildhauer Professor August Schmiemann, der unter anderem auch in Münster das Denkmal für den „Kiepenkerl“ fertigte. Oder die Familie Millowitsch (Plan F, Flur 72 A, Nr. 54). Detlef Rick dementiert die Legende, Willy Millowitsch sei gar kein Kölner gewesen, sondern Düsseldorfer. Erst sein Sohn Peter räumte mit diesem Gerücht auf und erklärte öffentlich, daß der Vater Willy waschechter Kölner war, allerdings der Großvater tatsächlich in Düsseldorf geboren wurde. In unmittelbarer Nähe liegt Willys Freund Heinz Günter Konsalik, der Bestsellerautor. Auch der mit 39 Jahren tödlich verunglückte Rennfahrer Rolf Stommelen liegt in Sichtweite.
Wie ein „Who is Who“ liest sich die Namensauflistung. Auch Nichtkölnern sind viele von ihnen bekannt. Deshalb ist dieses Buch für jeden und jedeinteressant. Die Geschichten, die hinter den Namen stehen, sind informativ, vieles bekannt, anderes neu, immer aber in einer ansprechend gemessenen Sprache flott geschrieben, manches mal sogar amüsant.
 
Zum Schluß geht Detlef Rick noch einmal ausführlich auf die allgemeine Geschichte der Friedhöfe zurück und erzählt in weiteren Kapiteln die Geschichte des Leproseasyls Melaten, von Trauer und Leben auf dem Friedhof, von besonderen persönlichen Gräbern und von Hexen. Das Buch endet sodann mit der Erklärung verschiedener Symbole, die gerne auf Gräbern verwendet werden.
Um den Umfang des Buches nicht ausufern zu lassen, wurden kleine Schrifttypen gesetzt, die auf dem beigen Papier aber ein klares und gut lesbares Bild ergeben. Allerdings tut die Papierfarbe den vielen ausgezeichneten Fotos, die Britta Schmitz beisteuerte, nicht gut. Ihre Fotografien erscheinen dadurch oft kontrastarm.
Dem Gesamteindruck schadet dies nur wenig. Uneingeschränkt kann ich dieses Buch empfehlen.
 
 
Detlef Rick, „Melaten – Gräber erzählen Stadtgeschichte“
Mit Fotografien von Britta Schmitz
© 2010 Neuauflage, Hermann-Josef Emons Verlag
Broschur, 254 Seiten - ISBN: 978-3-89705-789-0, € 11,00 (D), € 11,50 (A)
 
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Redaktion: Frank Becker