Musikstunde

Eine Plauderei über Storm, Pavarotti und Souffleusen

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Konrad Beikircher
Musikstunde
 
Eine kleine Plauderei über Storm,
Pavarotti und Souffleusen
 

Hallo und einen wunderschönen Morgen rufe ich Ihnen zu, egal, ob Sie auf der schwäbischen Alb, im Engadin oder in Bludenz sind, ob Sie mit dem i-Pod auf der Jungfrau stehen oder einer Handvoll Chinesen grad aufs Matterhorn helfen - bitte vergessen Sie nicht, ihnen zu sagen: maximal 1 Minute 30 Aufenthalt und dann hopp!hopp!zack!zack! weiter, weil die nächste Gruppe schon auf das Gipfelfoto wartet - einen wunderschönen Altweibersommer-Morgen wünscht Ihnen Ihr Konrad Beikircher, der sich sehr freut, daß Sie treu wie stets am zweiten Tag der Woche meine Musenblätter-Kolumne aufgeschlagen haben – kann man am Internet-Bildschirm eigentlich „aufgeschlagen sagen? Egal – schön, daß Sie da sind!

Theodor Storm, Sie wissen schon, der Schimmelreiter, Häwelmann und Pole Poppenspäler, hat seiner beruflichen Seite, er war ja Richter in Husum, manchmal auch in seinen Gedichten nachgegeben, wiewohl er es sicher hätte besser wissen können, denn ein Richter schaut oft der nicht so feinen Seite von uns Menschen ins Gesicht. Gleichwohl hat er ein Gedicht geschrieben, das auf einen Aspekt des Monats September hinweist, den jeder Gartenbesitzer kennt. Er hat das Problem mit einem Inserat gelöst. Es geht so:
 
Inserat

Die verehrlichen Jungen, welche heuer
Meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,
Ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen
Wo möglich insoweit sich zu beschränken,
Daß sie daneben auf den Beeten
Mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.
 
Ob´s was genutzt hat? Wir wissen es nicht.
 
Heute möchte ich Ihnen ein bißchen von Luciano Pavarotti erzählen, dem begnadeten Pasta-Esser und Gedächtnisakrobaten, von dem die Sage geht, er habe sich sogar das legendäre „„Un bacio... Un bacio ancora ... Ah! ... Un altro bacio ...“ im Otello von Verdi soufflieren lassen müssen, gut: es ist italienisch und es ist schon kompliziert, das darf man nicht verwechseln, das un altro bacio und das un bacio ancora, da kommt die Tote sonst ja ganz durcheinander, also man kann das ja mal positiv formulieren: selten hatten die Souffleusen bessere Gelegenheit, sich ins Bild zu setzen, als bei Gastspielen des großen Pavarotti. Es ist aber auch eine tolle Herausforderung: du mußt als Souffleuse erstens Noten lesen können, zweitens sprechen und gleichzeitig singen können, du mußt eine halbe Sekunde, bevor der Einsatz kommt, der Sängerin, dem Sänger die Anfangssilbe dessen, was jetzt kommt, auf die Zunge legen und du mußt Dich verstecken, wenn es geklappt hat, denn das Publikum hört dich erst, wenn es nicht geklappt hat und der Sänger mit vor Verzweiflung herausquellenden Kuhaugen nach Dir schaut. Das geht natürlich in einer der vielen Sterbeszenen in der Oper, da paßt es und alle halten den Sänger für einen herausragenden Schauspieler - wenn diese Kuhaugen aber bei „Celeste Aida“ kommen, kann man leicht falsche Schlüsse über die Sängerin der Aida ziehen, oder?!
 
Egal, über diesen Pavarotti, Gott hab´ ihn selig, wollte ich eigentlich gar nix erzählen, bin nur ins Plaudern gekommen. Ich wollte vom Pavarotti eines anderen Jahrhunderts erzählen, vom großen Anton Raaff. Das mach ich dann in der kommenden Woche. Haben Sie ein wenig Geduld – es lohnt sich, dieser ungewöhnlichen Lebensgeschichte zu folgen.
 
Bis nächsten Dienstag dann – und genießen Sie den vom Wetterbericht hoch und heilig versprochenen Altweibersommer!
 
Ihr
Konrad Beikircher



© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2010
Redaktion: Frank Becker