Volkshubschrauber

von Hanns Dieter Hüsch

© André Poloczek / Archiv Musenblätter
Volkshubschrauber

Also, was ich im Moment gar nicht gut finde und was auch immer schlimmer wird, daß da auf den Autobahnen jeden Tag zig Autos dazukommen. Darüber habe ich ja schon ein paarmal geklagt, und ich will mich auch nicht wiederholen, aber es müßte doch langsam mal was unternommen werden. Sicher in einigen Städten fangen sie jetzt an, mit so autofreien Samstagen in der Innenstadt. Aber das ist nur ein Tropfen auf dein heißes Auto. Nee, da muß was ganz Neues her. Schwebebahn oder alles unterirdisch oder Fahrrad. Oder, habe ich mir überlegt, Hubschrauber -Hubschrauber, ja warum nicht? Warum sitzen nicht jetzt schon findige Ingenieure an der Aufgabe und erfinden so einen Volkshubschrauber, Wahrscheinlich sitzen die schon dran, nur wir wissen noch nix davon. Die werden natürlich am Anfang irrsinnig teuer sein, so 150.000 Mark ohne Extras, aber nach ein paar Jahren werden die dann immer billiger, und dann gibt es ja auch schon Gebrauchthubschrauber. Und später auch noch Zweithubschrauber, wie ich uns Menschen kenne. Aber so weltfremd wär das gar nicht. Und die Dächer von den Häusern müßte man dann als Flachdächer umbauen. Also als Landeplatz, und in die Dächer kann man dann noch so Luken machen, wie eine Haustür. Und dann kann man ins Haus rein. Ich muß schon sagen, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Spaß macht mir das. Vielleicht konnte man jetzt schon überall Vereine gründen, so Fördervereine für den Aufbau und die Pflege der Deutschen Hubschraubergesellschaft e.V. Aber eins ist sicher, die Straßen würden leerer, und einkaufen könnte man mit dem Fahrrad. Ich bin manchmal richtig verärgert, daß sich die verantwortlichen hohen Herren keine Gedanken darüber machen. Wenn es so ein Ding gäbe, so einen Volkshubschrauber, würde ich mir sofort einen auf Stottern anschaffen. Gerade für meine weiten Strecken. Denn manchmal sind doch die Staus schon so ungeheuerlich, daß man einige Termine gar nicht mehr richtig einhalten kann, und mit so einem Volkshubschrauber wäre man doch all dieser Sorgen vorerst enthoben. Bevor da die ersten Staus kämen, müßte der Himmel schon voll und schwarz von Volkshubschraubern sein. Bis dahin hätten sie mir den Volkshubschrauberschein bestimmt schon endgültig entzogen, und ich hätte dann auch gern, daß alle Theater, in denen ich auftrete, auch so ein Flachdach haben, besser noch, ein Flachschiebedach, so daß ich durch das Dach mit dem Hubschrauber nach unten fliegen kann und gleich auf der Bühne lande. 20 Uhr. Und dann würde sich vorne der Hubschrauber flügeltürartig öffnen, und dann säße ich hinter meiner kleinen Orgel, und dann könnte es losgehen. Und am Schluß geht die Flügeltür wieder zu, und mein Hubschrauber startet nach oben, und wir fliegen durch das Flachschiebedach und dann nach Hause. Das wäre doch wirklich das Ideale für fahrende Künstler, Pardon, für fliegende Künstler. Dann stünde man keinem mehr im Weg, und kein Hausmeister könnte mehr sagen: »Hier können Sie nicht stehenbleiben! «



© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung