Staatstheater Nürnberg
Richard III.
Am Ende gab es wenige verhaltene Buhs, die weder dem Regieteam noch dem Ensemble gelten konnten. Christoph Mehel hat seinen Richard sehr genau studiert und mit einem durchweg erstklassigen Team auf die fast leere Bühne des Nürnberger Schauspielexils gebracht. Nehle Balkhausen gestaltete die Bühne als Seziertisch, edelstahlgrau mit Blutrinne und Abflußgully. Anne Hölzinger schuf Alltagskostüme mit Edeltouch. Mehler hat sich mit seiner Regie auf das existenzielle beschränkt, seziert seine Figuren bis aufs Mark, stellt sie schutzlos in den kalten Wind. Und dies macht er auch mit den Zuschauern, von denen er höchste Konzentration erwartet. Julia Bartolome gibt den Richard. Der berühmte Anfangsmonolog wird vom Band eingespielt. Sie
Richards Hofstaat bemüht sich beim Aufstieg seines Herrn Schritt zu halten und zu profilieren. Pius Maria Küppers gibt den stets jovialen Buckingham, immer bereit jede noch so üble Machenschaft Richards zu decken, Hauptsache sein Pöstchen ist gesichert. Gunter Heun, Catesby, im feschen Schottenröckchen, ist Richards Zuträger. Zusammen mit Stefan Lorch als Stanley, gibt er auch einen der beiden Mörder. Ihr Dialog über Humanismus geriet zu einem komödiantischen Schmankerl, einer Atempause in der sonst an Spannung so reichen Inszenierung.
Die drei Königinnen, Elke Wollmann gibt die Königinmutter als versoffenes Reptil, Tanja Kübler, die Königswitwe, zunächst arrogant, später dann in fassungsloser Verzweiflung, ihren sicheren Tod und den ihrer Kinder vor Augen - und die grandiose Jutta Richter-Haaser als Margarete von Anjou. Ihre Haßtiraden an den Hof geraten zu einem Fluchkonzert, das jedem Droschkenkutscher zur Ehre gereichen würde. Thomas L. Dietz gelingt als Bischof die Karikatur des Klerus. Felix Axel Preißler gestaltet den Auftragskiller Tyrell als schwules Dandylein, der auch gleich mit Richard eine höchst akrobatische Oralsexnummer abzieht. Eindrucksvoll auch der kurze Auftritt Jochen Kuhls als King Edward. Ein von Krankheit gezeichneter Mann, der sein Ende in Unwürde erwartet.
Aber warum die Buhs? An der Inszenierung lag es nicht. Schuld war, wie so häufig, die miserable Akustik in der Kongreßhalle. Wurden sonst viele Stücke elektronisch verstärkt, verzichtete man beim Richard zu Recht auf jegliche Unterstützung. Als Besucher sollte man die Konzentration auf drei Stunden überragend gespieltes Theater aufbringen. Tja, und wenn das Auditorium zu laut ist, wenn Kinder quengeln, wenn die Nachbarn das Bühnengeschehen kommentieren, dann sind auch die geschliffensten Dialoge auf verlorenem Posten. Ab der Saison 2010/11 ist das Schauspiel wieder an seinem angestammten Platz, Richard wird mit in die Innenstadt umziehen, Die Inszenierung, das Ensemble und vor allem Julia Bartolome geben genügend Gründe ins Theater zu gehen.
Fotos von Ludwig Olah
Redaktion: Frank Becker
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