"Von wegen Heilige Nacht!"

Eine Ausstellung über den Mißbrauch des Weihnachtsfestes für politische Propaganda

von Andreas Rehnolt

1915 - © Archiv Musenblätter
 „Von wegen Heilige Nacht!“
Ausstellung
in Köln
 
Eine Ausstellung im NS-Dokumentationszentrum
zeigt den Einsatz des Weihnachts- Festes
für die politische Propaganda
 
Köln - Unter dem Titel „Von wegen Heilige Nacht!“ zeigt das NS-Dokumentationszentrum in Köln von heute an bis zum 17. Januar kommenden Jahres eine Ausstellung über Weihnachten in der politischen Propaganda. Dokumentiert wird der Mißbrauch des Festes durch seinen propagandistischen Einsatz. Ein Bogen wird über fast 100 Jahre deutscher Geschichte gespannt, vom Kaiserreich bis zur unmittelbaren Gegenwart. Die Zeit des Nationalsozialismus steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Schließlich versuchten die NS-Ideologen, das christliche Fest zu einer völkisch-germanischen ‚Deutschen Weihnacht’ umzufunktionieren, so der Direktor des Zentrums, Werner Jung am Donnerstag bei der Vorstellung der Schau. Die gefühlvolle ‚Weihnachtsstimmung’ in der bürgerlichen Gesellschaft habe das liebste Fest der Deutschen „immer wieder zum Einfallstor für vielfältige Manipulationen“ gemacht, so Jung.

© Sammlung Breuer
 
Die Ausstellung hat eine familiäre Vorgeschichte: Die beiden Initiatorinnen Rita Breuer und ihre Tochter Judith wollten ihrer Familie den Wunsch erfüllen, einen Weihnachtsbaum wie zu Großmutters Zeiten geschmückt zu haben. Bei der Suche nach altem Christbaumschmuck wuchs die Neugier auf alles, was Weihnachten in alten Zeiten dokumentierte: Adventskalender, Weihnachtspostkarten, Christbaumständer, Krippen aus Papier, Dekorationen und vieles mehr. Doch manche Funde wollten gar nicht mehr zu ihrem Bild von Weihnachten passen, erklärten die beiden Sammlerinnen. Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg mit Motiven von Handgranaten, Christbaumschmuck in Form von Soldaten und U-Booten oder auch Weihnachtskalender, in den viel von „Bluterbe, Sippen, Ahnen und Sinnzeichen“ die Rede war.
 

© Sammlung Breuer 
Die Ausstellung thematisiert das Weihnachtsfest im Ersten Weltkrieg, die Soldatenfeiern an der Front und die Militarisierung des Kinderzimmers. Die 1920er Jahre zeigen den Gegensatz zwischen Arm und Reich, zwischen „weißen Bäumen“ mit kühlem Silberschmuck und hungernden Menschen. Den größten Teil der Ausstellung nimmt das Thema Weihnachten in der NS-Zeit ein. Der Zweite Weltkrieg erhält eine besondere Betonung mit dem Mythos der „Soldatenweihnacht“ und einem immer einfacheren Weihnachtsfest an der „Heimatfront“. Den Abschluß bildet die Weihnachtszeit im Kalten Krieg, mit „Päckchen für drüben“, „garstigen Weihnachtsliedern“ linker Autoren der 68er-Bewegung sowie den „Jolkafeiern“ und dem „Großväterchen Frost“ in der DDR. Ein Blick auf weihnachtliches Propaganda-Material aus dem Umfeld rechtsextremistischer Kreise von heute zeigt, daß das Thema immer noch aktuell ist.

© Sammlung Breuer
 
Das NS-Dokumentationszentrum ist dienstags, mittwochs und freitags von 10 bis 16 Uhr, donnerstags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 16 Uhr geöffnet.
 
Zur Ausstellung ist unter gleichem Titel im Verlag an der Ruhr eine Publikation von Judith und Rita Breuer erschienen – 218 Seiten,
20 x 25, 5 cm, gebunden, umfangreich illustriert.
20,50 € - ISBN 978-3-86072-572-6 
 
 
Redaktion: Frank Becker