Einmal Jenseits und zurück

103 Koffer für die letzte Reise

von Andreas Rehnolt
"Einmal Jenseits und zurück"
 
Der Bestattungsunternehmer Fritz Roth
hat 103 Personen einen Koffer
"für die letzte Reise" packen lassen
 
 
Düsseldorf - "Einmal Jenseits und zurück" lautet der Titel einer Ausstellung mit insgesamt 103 Koffern, die Prominente und nicht prominente Menschen "für die letzte Reise" gepackt haben und die am vergangenen Sonntag in der Evangelischen Johanneskirche im Zentrum von Düsseldorf eröffnet wurde. Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Kunstprojekt hatte der bundesweit bekannte Bestattungsunternehmer Fritz Roth aus Bergisch Gladbach. Der Kabarettist Jürgen Becker packte eine Pfeife, Tabak und Streichhölzer ein und konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen: "Wenn man stirbt, kann man auch rauchen."
 
Buchautorin und Moderatorin Susanne Fröhlich (Moppel-Ich) hat ein Familienfoto in den Koffer geklebt. Nudeln und Pesto für die Stimmung, eine Handvoll Walnüsse fürs Hirn, eine Pinzette, Kreuzworträtsel-Bücher gegen Langeweile, ein Feuerzeug für mehr Licht, Lipgloss für mehr Glanz und eine Schachtel Zigaretten "für die kleine Sünde", wie sie erklärt. Hebamme Dorothea Heidorn, die bislang rund 9.000 Menschenkinder auf die Welt geholt hat, entschied sich für ein handgeschriebenes Gedicht ihres Lebensgefährten und ein Plastikskelett, das beim Öffnen des Koffers mit einem roten Tuch "Servus, mein Herz" winkt.
 
Alle Koffer sind geöffnet, die allermeisten wurden bepackt, nur wenige blieben gänzlich leer. TV-Journalist Franz Alt schickte den schwarzen Koffer ungefüllt zurück. "Wer glaubt, etwas mitnehmen zu können, wird sich wahrscheinlich wundern", schrieb der Fernsehmann. Und der Bildhauer Alfred Arnold schnitt dem Reise-Utensil einfach Deckel und Boden ab und befand: "Der Koffer - nur noch ein Fragment - als Erinnerung an das irdische Reisen". Für Roth sind alle Koffer einzigartig und von ihren Inhalten her "so vielfältig, wie die Menschen und ihre Biografien, wie die Träume und Weltanschauungen der Packenden."
 
Für manche von denen war das Packen einfach. Die Augenoptikerin Claudia Breu etwa legte zwei leere Blechdosen in den Koffer, die mit einer Schnur verbunden sind. "Ich wünsche mir, dass ich in Kontakt bleiben kann mit den Menschen, die mir in meinem Leben begegnet sind", begründet sie ihre Entscheidung für das "Dosentelefon". Helga Breuninger, die beruflich viel unterwegs ist und oft Reisegepäck dabei hat, hat nur einen Zettel eingepackt. "Für meine letzte Reise genieße ich es, endlich ohne Koffer gehen zu können. Die Beziehungen mit lieben Menschen nehme ich mit als Geschenke und nicht als Gepäck", erklärt die 58jährige.
 
Nimm mit, was Dich so unverwechselbar macht
 
Ganz anders dagegen der Koffer der Bankkauffrau Rose-Marie Brühl, die jede Menge eingepackt hat. Fotos, Kleidung, einen Wecker, Bücher, Cognac, ein Kissen und ein Handy und sie meint schmunzelnd: "Ich kann nicht loslassen, möchte wie eine Schnecke mein Haus immer und überall mitnehmen. Selbst auf die letzte Reise." Die Malerin Cornelia Enax-Höppke hat ihren wie viele andere auch in ein Kunstwerk verwandelt. Sie hat von ihren drei Leidenschaften Malen, Kochen und Garten Exponate eingepackt und auch Samenkörner nicht vergessen. Tagebücher finden sich in vielen Koffern. Die meisten sind noch unbeschrieben. "Man weiß ja nicht, was man auf seiner letzten Reise so alles erlebt, vielleicht ist ja eine Menge dabei, das es wert ist, aufgeschrieben zu werden", meint Roth.
 
Puppen, Stofftiere, kleine Autos, Knabbereien, bunte Sterne, Freundschaftsbändchen und selbst Rotweinflaschen finden sich als Reisebegleiter in vielen Koffern. Musik-CD's sind dabei, Erinnerungen an "entscheidende Momente" im Leben, wie es auf den "Beipack-Zetteln" der Reisenden steht, die fast alle davon berichten, daß es "ein ganz eigenartiges Gefühl" war, die Dinge auszusuchen, die sie mitnehmen würden. "Du denkst, das ist doch ganz einfach und dann stehst Du da und merkst, daß das eine ganz schwere Entscheidung ist", meint eine junge Frau.
 
Joanita Herrenknecht, eine in Kanada geborene 25 Jahre alte Design-Studentin hat als einzige ihren Koffer weiß gesprüht. Eingepackt hat sie vor allem Bilder als Erinnerungen an eine wunderschöne Zeit auf dieser Welt und an ihr Leben, wie sie sagt. "Freunde passen nicht rein in diesen Koffer für die letzte Reise. Sie kommen nach oder sind schon dort", ergänzt die Studentin, für die das Auswählen und Packen der Reisebegleiter ein Grund war, zum ersten Mal über den eigenen Tod nachzudenken. Bestatter Fritz Roth, der seine "Reisekoffer" auch noch in Münster, Kassel und Zürich ausstellen wird, hat einen Tipp für alle die, die vielleicht selbst einen alten Koffer füllen wollen: "Schau zurück auf Dein Leben und nimm mit, was Dich so unverwechselbar macht, auch als Träumer oder Spinner."

Die Ausstellung ist noch bis 6. September 2009 in der Johanneskirche zu sehen.
Sie ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen unter: www.johanneskirche.org

Redaktion: Frank Becker