Fanatiker

Horst Eckert - "Sprengkraft"

von Jürgen Kasten
Fanatiker
 
Sprengkraft – ein gut gewählter Titel für diesen Thriller, den Horst Eckert wieder in Düsseldorf ansiedelte. Sprengkraft haben sowohl die chemischen Substanzen, die fundamentalistische Muslime zum Zwecke eines Anschlags gehortet haben, wie auch die von rechter Seite geschürten Diskussionen, unterstützt von nach Auflage gierenden Boulevardblättern und karrieregeilen Parteigängern.
 
Horst Eckert nimmt sich damit eines brisanten und hochaktuellen Themas an. Sein Aufhänger ist der geplante Bau einer Großmoschee, der Widerstand gegen ein solches Bauvorhaben und die öffentliche Diskussion darüber, inwieweit sich Muslime überhaupt in unserer Gesellschaft integrieren wollen und wie weit die westliche Gesellschaft bereit ist, sich auf fremde Kulturen einzulassen.
Dazu läßt Horst Eckert Protagonisten von rechts über konservativ bis links in seinem Roman Stellung nehmen und natürlich die Muslime selber. Er versetzt sich in die Gedankenwelt eines jungen fanatischen Marokkaners, getrieben vom Haß auf alle Ungläubigen, wie auch auf Glaubensbrüder und -schwestern, die nicht nach den Worten des Propheten leben.
Der unselige Einfluß von Haßpredigern und der Weg eines jungen Gläubigen bis hin zum vermeintlichen Märtyrer wude inzwischen vielfach dokumentiert. Ob es Horst Eckert gelungen ist, die Gefühlswelt eines solch Verblendeten nachzuzeichnen, muß der Leser selbst entscheiden. Ich jedenfalls tat mich damit schwer.
 
Nach diesen Eingangssequenzen nimmt der Roman aber Fahrt auf und entwickelt sich zu einem spannenden Politthriller. Alles beginnt mit dem Auftrag an Anna Winkler und Martin Zander, einen alten Mordfall wieder aufzurollen. Seinerzeit wurde ein marokkanischer Heroindealer erschossen. Kripochef Engel verfolgt aber eigentlich ein anderes Ziel: der jetzige Mordermittler Zander führte vormals ein Team Rauschgiftfahnder. Dort gab es einen Maulwurf, der nie enttarnt wurde. Zanders Aufgabe ist es, diesen endlich zu entlarven. Eine groß angelegte Razzia soll erste Ermittlungsergebnisse bringen. Sie endet in einem Explosionsfiasko. Wie sagt die Polizei immer so schön: „Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Horst Eckert lotet alle Optionen aus. Haben Nazis den Anbau der Moschee in die Luft gesprengt und dabei zwei Muslime getötet und den dritten schwer verletzt? Handelt es sich um einen Krieg zwischen Rauschgifthändlern? War es ein Unfall während des Bombenbastelns? Sind gar andere, noch unbekannte Kräfte am Werk, angestachelt durch die Polarisierung der neu geründeten Partei „Die Freiheitlichen“, hinter der obskure Geldgeber stehen? Welche Interessen verfolgen das Innenministerium und die Geheimdienste, die der Polizei Steine in den Weg legen?
 
Der Autor wechselt in kurzen Abschnitten rasant die Perspektiven, steigert dadurch die Spannung und macht die Erzählung schnell. Drei Erzählstränge stehen nebeneinander. Wir verfolgen die Arbeit der polizeilichen Ermittlung unter der Leitung des „Staatsschützers“ Paul Veller, der sich zu der Mordermittlerin Anna Winkler hingezogen fühlt. Ihr Teamkollege Martin Zander geht derweil eigene, illegale Ermittlungswege. Wir leiden mit dem PR-Profi Moritz Lemke, der im Widerstreit mit seiner eigenen Gesinnung „Die Freiheitlichen“ in der öffentlichen Meinung nach vorne bringt und hoffen, ihn nicht an die "Rechten" zu verlieren.
Und letztenendes gewinnen wir Einblick in Machtstrukturen strenggläubiger Muslime und erfahren was geschieht, wenn eine Tochter aus dieser Opfer-/Täterfamilie daraus ausbricht.
Insgesamt ist das alles sehr überzeugend dargestellt und der Leser wird geschickt zu dem Gedanken hingeführt: was ist, wenn in Wirklichkeit alles von staatlichen Stellen gesteuert wurde, nur zu dem Zweck, noch mehr restriktivere Gesetze ohne großen Widerstand durchsetzen zu können? Die Auflösung des Falles verblüfft und das Schlußkapitel erschreckt. Natürlich ist das reine Fiktion, ein Roman eben; aber bis ins Detail ausgezeichnet recherchiert. Nicht ohne Grund sagt man Horst Eckert einen guten Kontakt zur Düsseldorfer Polizei nach. Das bestätigt sich mit den auf seiner „Dankesseite“ aufgeführten Namen. Vielleicht der Beste aller bisherigen Eckert-Romane.
 
 
Horst Eckert – „Sprengkraft“, © 2009 GRAFIT Verlag GmbH, Gebunden mit Schutzumschlag, 410 Seiten, € 18,90 (D), € 19,50 (A), sFr. 34,00 (CH) - ISBN: 978-3-89425-660-9
Weitere Informationen unter: www.grafit.de und www.horsteckert.de

Redaktion: Frank Becker