Kinder? Um Himmels Willen!

Guido Cantz - "Ich will ein Kind von dir!" - mit déja vu

von Frank Becker
Märklin ist pleite!

Das Hörbuch mit dem neuen Kabarett-Programm von Guido Cantz macht Spaß, viel Spaß. Der Kabarettist aus Köln-Porz, der mit glasklarem, wenn auch bekümmertem Blick auf die durchmischte Gesellschaft Deutschlands kein Blatt vor den Mund nimmt, hat sich dieses Mal die sogenannte Zukunft unserer sozialen Gemeinschaft vorgenommen: Kinder - oder was früher so hieß. Ich habe wieder mit Vergnügen eine Autobahnfahrt dazu genutzt, mir die immerhin 80 Minuten am Stück anzuhören und trotz Stau auf der A 3 (Porz war nicht weit) viel gelacht. Guido Cantz, in seiner Ablehnung von Kindern ein legitimer Erbe des unvergessenen W.C. Fields, jagt mit einer Menge bissiger Pointen am Stück sein Publikum von einer Lachattacke zur nächsten, die Pointen gehen ihm nicht aus, halten das Humor-Niveau durchgehend hoch. Er erntet viel Zustimmung mit seinen Zweifeln an...

Doch mittendrin - bei Titel 12 von 24 - hatte ich ein publizistisches déja vu: in der Titelliste akkurat mit "Kevinismus" bezeichnet, höre ich Guido Cantz streckenweise wörtlich die Sottise von Stefan Piontek wiedergeben, die erst vor wenigen Tagen in den Musenblättern unter dem nämlichen Titel erschien: "Kevinismus". Die populär-philosophische Frage nach dem Huhn und dem Ei beantwortet sich schnell. Stefan Pionteks Text erschien bereits 2007 in der Neuen Osnabrücker Zeitung, nun als Plagiat in Guido Cantz´ neuem Programm. Fragt sich nur, wer geklaut hat: Cantz selbst oder sein Text-Schreiber Paulus Vennebusch. Das wird sicher bald geklärt werden. Dann wird sich auch erweisen, ob das Coverfoto der CD eine kuriose "Self-fullfilling prophecy" ist.

Im übrigen aber ist "Ich will ein Kind von dir" ein großartig-heiteres und Lachtränen treibendes Vergnügen über plärrende Kleinkinder, Adoleszenz und Pubertät, Sprachverwilderung, Bushido (ey...), Klimawandel und die Folgen, das Verschwinden des Sprudels, Nordic Walking (das Peinlichste auf diesem Planeten), die neuen TV-Zielgruppen, Familien-Vans und Autoreisen mit Kindern. Das geht jeden an, der bereits Kinder hat, vielleicht mal welche haben möchte oder eh schon immer dagegen war. Wer da nicht herzlich und 1:1 wiedererkennend über den alltäglichen Kinderwahn(sinn) lachen kann, darf getrost aufgegeben werden. Der hat den Schuß nicht gehört.

Beispielbild


Guido Cantz
"Ich will ein Kind von dir!"

1 CD

Live-Aufnahme vom 24. April 2009 aus dem Rathaussaal Köln-Porz

(P) + © 2009 WortArt

Gesamtzeit:  1:19:19

Weitere Informationen unter:
www.wortart.de