Bedenkliche Strukturen heimlicher Macht

Clemens Zerling - "Die Rosenkreuzer"

von Frank Becker
Elitäre Spökenkiekerei

Wir alle kennen die hinter vorgehaltener Hand kolportierten, von wirklichen Kenntnissen wenig berührten Legenden und Andeutungen, die von Halbwissen regierten Gerüchte um geheime Bünde
und Logen wie Freimaurer, Schlaraffen, Templer und Illuminaten. Auch die Rosenkreuzer gehören in diesen von Riten bestimmten und von Geheimnissen umwitterten Bereich. Es ist schon so: wo der unmittelbare Zugang nicht jedermann leicht gemacht und die Strukturen eines Bundes nicht öffentlich sind, entstehen schnell Vermutungen, Verdächtigungen und Spekulationen. Natürlich tragen Bünde wie die genannten durch ihr gezielt abschottendes Verhalten und ein ordenliches Maß an Geheimniskrämerei auch gerne zu einer solchen Legendenbildung bei.

Der Publizist Clemens Zerling, der sich zuvor schon mit anderen kulturhistorischen Themen, mit Symbolik und Mythologie befaßt hat und eine Vielzahl von Buchveröffentlichungen auf sein Konto schreiben kann, hat über Ursprünge, Strukturen, Geschichte und Mitglieder des  Rosenkreuzer recherchiert. Sein jüngstes Buch "Die Rosenkreuzer - Geschichte einer Idee zwischen Mythos und Wirklichkeit...", das heuer im Grazer Stocker Verlag / Verlag für Sammler erschien, versucht ein wenig Licht ins von Geheimnissen umwitterte Dämmer um die Rosenkreuzer zu tragen.

Die Fülle der von Zerling zusammengetragenen Informationen, Dokumente und bildlichen Darstellungen ist enorm, gibt dem Laien jedoch nicht wirklich Aufschluß über die Entstehung, Geschichte, Traditionen und Stand der Rosenkreuzer in der heutigen Welt. Und transparent wird das Rosenkreuzer-Wesen auch nicht. Die Lektüre von Zerlings Buch setzt zwingend vorhandenes Wissen voraus. Wer darauf aufbauen möchte und kann, hat allerdings eine Fundgrube in der Hand. Für Informierte ein sicher vertiefendes  und hochinteressantes Werk, daß auf erstaunlich viele Querverbindungen zu anderen Geheimbünden hinweist, eine ungeheure Zahl von Namen nennt und Zusammenhänge bis zurück zu den Anfängen zu Beginn des 17. Jahrhunderts belegt.

Dieses hochinteressante Buch liest man nicht so "weg", das will in Ruhe studiert sein.
Man kann nicht behaupten, daß die beschriebenen Geheimbünde und ihre heimlichen Machtstrukturen durch das so gewonnene Wissen sympathisch werden. Geradezu bedenklich ist die Verwicklung allgemein akzeptierter Dichter, Philosophen, Wissenschaftler und Personen des öffentlichen Lebens in die mystischen Zirkel. Angesichts der dort betriebenen elitären Spökenkiekerei stellt sich ein eher gegensätzliches Gefühl intensiver Ablehnung ein - was eigentlich auch ein positiver Effekt der Lektüre ist, die noch für den ganzen kommenden Winter reichen wird.

Beispielbild

Clemens Zerling
Die Rosenkreuzer
Geschichte einer Idee zwischen Mythos und Wirklichkeit

© 2009 Stocker Verlag

160 reich bebilderte Seiten, HC
21,6 x 28 cm
29,90 €

Weitere Informationen unter:
www.stocker-verlag.com