Musikstunde

Wagner, Bayreuth und kein Ende

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Musikstunde
 
Bayreuth und Wagner

Guten Tag, liebe Musenblätter-Leser und liebe Wagnerianer - heute ein paar Worte zum Thema Wagner und Bayreuth, denn das ist ja wirklich schier unerschöpflich und bringt in jeder neuen Session, pardon, Saison neuen Gesprächsstoff.
 
Ja, klar, Bayreuth, ja natürlich Wagner und Festspielhaus und was soll eigentlich daraus werden? Wie wärs denn, wenn Peek und Cloppenburg ins Haus zöge und man Wagner anderen Städten überließe? Wär doch auch mal was und das Haus in Bayreuth wäre dann sogar ganzjährig genutzt. Außerdem: Wir müßten uns dann nicht mehr vom klassischen Bayreuther-Mucken-Orchester nerven lassen, einem Orchester, das immer ad hoc zusammengestellt wird und das deshalb nicht wirklich die Qualität von eingespielten Orchestern haben kann. Vermutlich ist genau das auch der Grund, warum in Bayreuth über dem Orchestergraben der berühmte Deckel ist: er hält das klangliche Elend in Grenzen, oder?!. Gut: die Musiker sind – jeder für sich – eingespielt, man kennt die Partituren in- und auswendig, in den Noten ändert sich nichts mehr, weil der Komponist ja tot ist, also da sind die Risiken minimiert. „Das Repertoire ist überschaubar“ sagt der Komponist Wolfgang Rihm zu diesem Thema und wünscht Bayreuth weiterhin fruchtbare Konzentration auf Richard (!) Wagner. „Sollte diese Konzentration von Menschen befördert werden, die auch ‚Wagner’ heißen – wer könnte dagegen etwas einwenden!?“ giftelte er weiter in der FAZ zum Thema, was denn nun aus Bayreuth werden soll und wohin die Reise geht. Es hagelte in der FAZ voriges Jahr nur so vor guten Ratschlägen gut befeindeter Intendanten, denen manchmal anzumerken ist, wie gern sie selbst auf dem Hügel zu sagen hätten, wo man doch offensichtlich so aus dem Vollen schöpfen kann wie sonst nirgends.
 
Jossi Wieler, der Regisseur, der in Stuttgart 1999 einen vielbeachteten Siegfried auf die Bühne gestellt hat, fragte – ein bißchen scheinheilig -: „Im Moment beschleicht einen das Gefühl, ein repräsentativer Teil der Gesellschaft beansprucht für sich etwas von Bayreuth, das seinem künstlerischen Kern gar nicht gerecht wird.“ Ach was?! Kann man da mit Loriot nur sagen! Das war doch schon immer das Problem mit dem Hügel, und auf ihm und um ihn und in ihm. Und vielleicht ist das das Problem des Hügels überhaupt: hat nicht schon der Chef selbst, Richard, genau diese Gesellschaft umarmt und nach Bayreuth gelotst? Die Mächtigen, die Herrschenden, die Erz-Konservativen? Und der Hügel ist sie nie losgeworden, bis heute nicht. Daß da Adolf und die Seinen hofiert worden sind, ist doch nur eine peinliche Ausbeulung dieses Problems, aber nicht das Problem selbst. Wagner hat – nicht in seiner Musik aber mit dem Hügel – denen die Macht und das Geld gegeben, die dort erstmals Wagner dirigiert haben. Dazu sagt Wieler: „Kein Dirigent sollte und

Wagner-Theater Bayreuth 1873 - Holzstich nach einem
Gemälde von Louis Santer © Archiv Musenblätter
kein seriöser Dirigent würde eine Oper erstmalig bei den Bayreuther Festspielen dirigieren“ und recht hat er damit. Den Vogel aber hat er abgeschossen, weil er eine innerfamiliäre Gesetzmäßigkeit entdeckt hat, ein Gesetz der Serie quasi, das grandios ist, er sagt: „Zur Zukunft nur soviel: die konstante Geschlechtsabwechslung von Mann zu Frau würde mit der jetzt avisierten Lösung beibehalten. Sie gehört schon lange zur Tradition: Richard – Cosima – Siegfried – Winifred – Wolfgang – Zwei- oder Dreimäderlhaus. Die aktuelle Frage ist jetzt nur, wer wird der nächste Mann sein?. Ist das nicht wunderbar? Ich sehe die Gefahr am Horizont aufziehen, daß mit diesem ganzen Familiengerangel der Hügel schließlich zum Hügerl verkommen wird und das hat er wahrlich nicht verdient. Und der alte, tolle Richard Wagner auch nicht!

Er - ich meine den Wagner Richard - ist ja auch beim besten Bemühen nicht totzukriegen, auch wenn jetzt die Techniker und Bühnenarbeiter mit Streik drohen, um Abhilfe für ihre miserable Bezahlung zu schaffen. Viele Regisseure haben es in grenzenloser Selbstüberschätzung unter der Überschrift "Ich kann es besser" schon versucht. Gelungen ist es keinem. Mit einem fröhlichen " Hojotoho! Hojotoho! Heiaha! Heiaha! Helmwige! Hier! Hierher mit dem Roß!" grüßt Sie
 
Ihr
Konrad Beikircher
 
© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2009
Redaktion: Frank Becker