Steine am Meeresstrand

von Joachim Ringelnatz

Foto © Frank Becker
Steine am Meeresstrand

Steine schaumumtollt,
Zornig ausgerollt
Über Steine. –
­Freiheit, die ich meine,
Gibt es keine.
 
Stille nun. Entbrandet
Ruht ihr, feucht umsandet,
Unzählbar gesellt,
Von der Zeit geschliffen
Oder kampfentstellt. ­-
Alle von der Welt
Lange rauh begriffen,
Schweigt ihr. -
Ihr begreift die Welt.
 
Wie ich euch sortiere,
Spielerisch verführt:
Früchte, Götzen, Tiere,
Wie es Phantasie so legt,
Habt ihr in mir aufgerührt,
Was seit Kindheit mich bewegt.
 
Spitze, trübe, glatte, reine,
Platte, freche, winzig kleine,
Ausgehöhlte, fette Steine,
Plumpe, schiefe, trotzig große - ­
 
Ja ihr predigt ernst wie froh,
Meistens simpel, oft apart,
Weit umgrenzte, willenlose
Freiheit. - Predigt ebenso
Fromm wie hart.
 
 
Joachim Ringelnatz