Guten Lese-Appetit!

Jost Baum - "Picasso sehen und sterben"

von Jürgen Kasten
Picasso erben und sterben
 
Wuppertaler Autoren stellten unlängst im Rex-Theater ihre Kriminalromane vor, allesamt in der Reihe „Mord & Nachschlag“ im Oktober-Verlag erschienen. Jost Baum mit seinem Provence-Krimi war unter ihnen. Seine Lesung war den Zuschauern zu schnell vorgetragen. „Trotzdem“, murmelte mein Sitznachbar, der es wissen muß, „das hört sich nach Literatur an.“
In der Tat. Das selber Lesen war mir ein Genuß.
 
Kommissar Arnoult, nach dem tödlichen Unfall seiner geliebten Frau mit einem Trauma belastet, wird von Marseille in die Villa St. Fleurie in St. Cyr-sur-mer beordert. Der Hausmeister des alten Heroult wurde während eines Einbruchs erschlagen, ein Picasso und Silberbesteck geraubt. Heroult, vormals Besitzer des Weingutes am Rande des Ruins, ist verstorben. Der Picasso, das wertvollste Stück aus dem Erbe, hat eine phantasievolle Geschichte hinter sich. Wir erfahren, daß der alte Heroult zu Kriegszeiten eine Liaison mit einer jüdischen Studentin hatte. Sie stand in Paris Picasso des öfteren Modell und ließ bei dieser Gelegenheit das Bild mitgehen, das sie sodann Heroult für 20.000 Franc und eine Liebesnacht überließ. Sie brauchte das Geld für ihre Flucht nach Argentinien, wo sie einen Sohn gebar. Inzwischen ist aus dem Kind der Prof. Pirez geworden, der sich nun mit seinem 20 Jahre jüngeren Halbbruder, dem jungen Heroult, um das Erbe streitet. Wir vermuten es bereits: Der Picasso ist heute 1,5 Millionen Euro wert.
 
Gut für Heroult jun., daß der herzkranke Pirez plötzlich verstirbt. Gut auch, daß sich das verschwundene Bild hinter Pirez´ Schlafzimmerschrank wiederfindet. Noch besser, daß alle, die in der Villa leben, ein astreines Alibi haben. Es sind dies die schöne Schauspielerin Franςoise, Freundin des jungen Heroult; der junge Bertrand, Sohn des getöteten Hausmeisters; und dessen Freundin Monique, die sich prostituiert. Arnoult  mißtraut deren Aussagen. Sie sind verdächtig. Dann sind da noch die Elektronikexperten Margoux und Lannier. Sie bauten die Alarmanlage in der Villa ein. In den Augen von Inspektor Roubaix, des örtlichen Polizisten, kommen die als Serieneinbrecher, mithin auch als die Mörder infrage.
Das sind genug Verdächtige, um die Geschichte spannend zu machen. Arnoult durchstreift die sommerlich erblühte Provence und versucht die Fäden zu entwirren. Der eine oder andere aus dem Kreis der Verdächtigen kommt Arnoult mittels Mord abhanden. Auf Arnoult selbst wird ein um ein Haar tödlicher Anschlag verübt. Zum Schluß kommt aber alles ganz anders, als es sich der Leser dachte.
 
Das ist ein wirklich lesenswerter Krimi. Einzig das völlige Fehlen von Anführungszeichen in der wörtlichen Rede ist Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Das hemmt jedoch nicht den Lesefluß des fein geschriebenen Romans, dem man wohltuend anmerkt, daß Jost Baum selber einige Zeit in der Provence lebte. Zum Guten Schluß noch ein Hinweis auf die landestypischen Rezepte, die sich dem Roman anschließen und Konzept der Buchreihe „Mord & Nachschlag“ sind. Sie beginnen mit einer Kaninchen-Casserole, für die ich mich als Vegetarier nicht begeistern kann. Sie doch aber bestimmt. In diesem Fall kann ich Ihnen meinen derzeitigen Lieblingsrotwein aus der Provence empfehlen: Le Capitelles „Cộtes du Ventoux“. Viel Spaß.
Beispielbild

Jost Baum
Picasso sehen und sterben
Provence-Krimi mit Rezepten
 
© 2007 Oktober Verlag, Münster
 
189 Seiten, Broschur
ISBN: 978-3-938568-40-8
€ 14,-- (D), € 14,40 (A)
 
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