Ein weites Feld...

Skulpturen aus der Sammlung des von der Heydt-Museums und ihre Künstlerentwürfe

von Frank Becker
Wer hat, der zeigt

Das Wuppertaler von der Heydt Museum hat viel,
zeigt aber wenig in der Ausstellung "Zeichnung und Skulptur",
die am kommenden Sonntag eröffnet wird


Mehr als 600 plastische Bildwerke allein des 19.-21. Jahrhunderts zählt der

Kolbe "Junge Frau"
Foto © Frank Becker
Bestand des Städtischen Wuppertaler Kunstmuseums, das ab kommenden Sonntag eine kleine Auswahl daraus nebst mehr oder weniger zugehörigen Zeichnungen/Entwürfen zeigt. Wobei von Fall zu Fall nicht ausreichend gesichert ist, ob tatsächlich die Zeichnungen als Vorstudien zu den plastischen Werken von Edgar Degas, Bernhard Heiliger, Max Klinger, Wilhelm Lehmbruck, Erich Cleff, Kurt Schwippert, Georg Kolbe, Kenneth Armitage, Alexander Archipenko, Gerd Hanebeck, Eugen Busmann, Guide Jendritzko, Gerhard Marcks u.a. zu werten sind. In Einzelfällen muß die Nähe der Zeichnung zur Skulptur als Indiz ausreichen. Immerhin seien 90 Prozent der nun ausgestellten Kunstwerke jetzt "zum ersten Mal ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt" worden, so Kurator Dr. Herbert Pogt. Daß man es bei einigen dieser "massenweise Neuentdeckungen" besser beim Dunkel des Magazins belassen hätte, anstatt sie hervorzuzerren, zeigen
z.B. die teils obszönen Arbeiten Wilhelm Loths, das  "Schlangenei" von Terry Fox, das einer nicht aufgeräumten Baustelle gleicht (geradezu eine Frechheit) und Eugen Busmanns zu vernachlässigende "Plakette".



Verheißungsvoller Auftakt

Begrüßt wird der Besucher der Ausstellung immerhin von einem zauberhaft schlichten Mädchen-Kopf, den Kurt

Schwippert "Dunja" - Foto © Frank Becker
Schwippert "Dunja" genannt hat und dem ein zeichnerisches Portrait des gleichen Jahres (1958) zugeordnet ist. Flankiert wird Dunja von Arbeiten Erich Cleffs ("Büste C.R. Schmidt") und Milly Stegers ("Büste Editha von Moers"). Ein verheißungsvoller Auftakt. Der nächste Raum gehört drei ganz großen Namen: Georg Kolbe ist dabei allein mit vier Plastiken vertreten, darunter die stehende "Junge Frau"; zwei Arbeiten Wilhelm Lehmbrucks ("Geneigter Frauenkopf", "Freiherr von Steindecke") beeindrucken, und die an der Klassik orientierten beiden "Badenden Mädchen" zeigen Max Klingers Perfektion. Übrigens: die beiden "Badenden", von denen eine noch die Brandschäden des Krieges erkennen läßt, sind durchaus nicht identisch. Mal genau hinsehen.



Ein weites Feld

Das Feld ist weit, doch Herbert Pogt hatte kaum mehr als vier Wochen Zeit, es zu beackern. Diesem
 
Armitage "Menschen im Wind"
Foto © Frank Becker
Umstand ist sicher wenigstens zum Teil die etwas krude Zusammenstellung geschuldet, die den Besucher beim Rundgang nach den ersten beiden kleinen und artig präsentierten Kabinetten im großen Raum der Wechselausstellung in ein Wechselbad von Impressionen stürzt. Da stehen ästhetisch barocke Stelen des Bildhauers, Malers, Graphikers und Fotografen Guido Jendritzko in vagem Zusammenhang mit schwarz-weißen Graphiken von seiner Hand, da gibt es Kenneth Armitages wunderschöne "Menschen im Wind" und schräg gegenüber Wilhelm Loths nachgerade billigen plakativ geschmacklosen "Spagat", der mehr über den Künstler aussagt, als dieser vielleicht möchte.
Die kraftvolle kubistische Arbeit "Schreitende" Alexander Archipenkos steht keineswegs im Gegensatz zu den weichen Linien der Plastiken von Gerhard Marcks ("Stehende Brigitte", "Lesende Mädchen") und Toni Stadlers "Knabenkopf", sondern im interessanten Kontrast.



Begrenzt


Sicher hätte der Museumsbestand weit mehr hergeben können, hütet man in Wuppertal doch 20 -
 
Baustelle?  Fox "Schlangenei"
Foto © Frank Becker
30.000 (!) graphische Blätter - niemand hat sie je akkurat gezählt - und wie oben erwähnt eine Vielzahl wesentlich attraktiverer Skulpturen. Denken wir dabei nur an Udo Meyer, Hans Arp, Bernhard Hoetger, Aristide Maillol, Hans-Jürgen Hiby, Fritz Bernuth u.v.a.m.. Da ist man nicht darauf angewiesen, die Ankauf-Sünden der jüngeren Vergangenheit auf dem Silbertablett zu servieren. Begleitende Graphik zu den hochwertigen plastischen Arbeiten beizubringen erscheint mir nicht unmöglich. Das von der Heydt-Museum hat sicher schon glänzendere Ausstellungen gesehen.


Eröffnung
am Sonntag, 1. Februar, 11.30 Uhr -  Es sprechen Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh und Kurator Dr. Herbert Pogt.

Dauer der Ausstellung bis 10.5.2009

Weitere Informationen unter:
www.von-der-heydt-museum.de

Liebe Leser,

am Freitagmorgen erschien in den Musenblättern dieser Bericht des Herausgebers über die im Wuppertaler Von der Heydt-Museum eröffnete Ausstellung "Zeichnung und Skulptur", in welchem teilweise Kritik an der Auswahl und Zweifel am Rang der gezeigten Arbeiten geäußert wurde, namentlich an den erlesenen Scheußlichkeiten von Wilhelm Loth und Terry Fox.
Am Freitagnachmittag klingelte in der Redaktion das Telefon.
Das Gespräch begann so: Redaktion: "Becker" - Anrufer: "Pogt", Red.: "Wer bitte?" - Anr.: "Herbert Pogt." - Red.: "Ja, Herr Dr. Pogt, was gibts?" - Anr.: "Es gibt Krieg!" - Red.: "Ach was! Wer gegen wen?" - Anr.: "Ich - mit Ihnen!" u.s.w..
Natürlich haben die Musenblätter die Kriegserklärung weder ernst- noch angenommen – eine recht skurrile Dorfposse halt.
 
Kleines P.S.: Zu dem "Schlangenei" von Terry Fox äußerte der Kurator beim Presserundgang halb im Abwenden mit einer wegwerfenden Handbewegung: "Da müssense sich selber was bei denken."
Habe ich getan. F.B.