Nachts im Küchenregal...

Das Kindermusical "Der Lebkuchenmann" im Wuppertaler Schauspielhaus

von Frank Becker
"Aber ich!"

Kinder liebten den Teebeutel
in David Woods "Der Lebkuchenmann"



Inszenierung: Katrin Herchenröther - Musikalische Leitung, am Klavier und im grausigen Kostüm: Stefan Leibold - Ausstattung: Winnie Schirmer - Choreographie: Kerstin Bruhn - Fotos: Michael Hörnschemeyer
Besetzung: Herr von Kuckuck: Holger Irrmisch - Herr Salz: Jan Kämmerer - Fräulein Pfeffer: Olga Nasfeter - Der Lebkuchenmann: Henning Strübbe - Der alte Teebeutel: An Kuohn - Flitsch, die Maus: Maresa Lühle - Stimmen aus dem Off: Julia Wolff und Andreas Möckel

Bescheidener Abschied -
witzige Ausstattung

Mit seinem jährlichen Familienstück zur Weihnachtssaison gab das Wuppertaler Schauspiel auch zugleich seine letzte Premiere im Schauspielhaus an der Elberfelder Bundesallee. Danach ist

Henning Strübbe als Lebkuchenmann
Foto © Michael Hörnschemeyer
während der einige Jahre in Anspruch nehmenden Totalrenovierung des Gebäudes das Opernhaus im Stadtteil Barmen die Heimat aller Sparten der Wuppertaler Bühnen.
Was man sich für diesen Abschied ausgesucht hatte, war denkbar bescheiden. Katrin Herchenröthers Inszenierung des Erfolgs-Kindermusicals "Der Lebkuchenmann" erfüllte allenfalls Minimalansprüche und wäre ohne die hervorragende Ausstattung durch Winnie Schirmer und die herausragenden Leistungen von An Kuohn, Holger Irrmisch und Olga Nasfeter sang- und klanglos untergegangen. Na ja, klanglos vielleicht nicht, denn Stefan Leibold am Klavier und im wenig präsentablen Kostüm (hier, bei der Ausstattung der Maus, dem Lebkuchenmann und Herrn Salz versagte der ansonsten zauberhafte Ideenreichtum Winnie Schirmers) sorgte für stimmige Begleitung am geschickt hinter einer Kofferradio-Attrappe versteckten Klavier. Ob wohl die Wuppertaler Bühnen für das Herzeigen einer riesigen Smarties-Schachtel und das Absingen des Werbejingles dieser Süßigkeit Sponsorengelder bekamen?

Sympathieträger Tee mit Schleichwerbung

Zwischen überdimensionierten Tellern, Tassen, Kannen, Zahnstochern, Eierbechern, Basilikum,

Finger weg von meinem Honig! (Strübbe/
Kuohn) Foto © Michael Hörnschemeyer
Zündhölzern und Kochlöffeln, herrlich ausgedacht und gestaltet von Winnie Schirmer, führen das charmante und etwas naive Fräulein Pfeffer (Olga Nasfeter), deren gepunktetes Pfeffermühlen-Kostüm gelungen ist, der geschwätzige Herr Salz (Jan Kämmerer) und der heiser gewordene Herr Kuckuck aus der Kuckucksuhr (Holger Irrmisch), ebenfalls köstlich kostümiert, ein beschauliches Dasein, wenn auch stets ein wenig in Sorge, einmal in den unheimlichen Mülleimer zu geraten, sollten sie nicht mehr funktionieren. Ein Regalbrett höher logiert versteckt und vergessen der alte und verbitterte Teebeutel (wunderbar An Kuohn im Teebeutelkostüm mit Meßmer-Tee-Schleichwerbung), der glaubt, niemand möge ihn. Wir ahnen schon, daß sich das im Laufe des Stücks ändern wird. Der Lebkuchenmann nämlich (Henning Strübbe) wird mutig dafür sorgen. Für viele der kleinen Zuschauer war ganz schnell die traurige und etwas griesgrämige Teebeutelfrau die Sympathieträgerin schlechthin. Auf ihre Klage "Keiner kann mich leiden" erschallte es ganz spontan von einer kleinen Mädchenstimme "Aber ich!". Und das selbe Kind unterstrich seine Zuneigung wenig später bei erneutem Selbstzweifel des Teebeutels mit dem rührenden Zuruf "Ich mag dich!". Da geht einem schon das Herz auf.

Friede, Freude, Lebkuchen

Das märchenhafte Leben im Küchenregal, das Schicksal des Kuckucks aus der Wanduhr und das Auftauchen eines Lebkuchenmannes vom vorweihnachtlichen Backblech kann eigentlich eine

Medizin für Herrn Kuckuck (Kuohn, Kämmerer, Irrmisch, Nasfeter)
Foto © Michael Hörnschemeyer
kurzweilige Geschichte ergeben, wenn man sie zügig inszeniert. 80 Minuten ohne Pause sind aber zum einen für das Stück, zum anderen für die Kleinen (es ist für Kinder ab 4 Jahren vorgesehen) schlicht zu lang. So zog sich das, was auch getrost ein Viertelstündchen kürzer hätte sein dürfen, arg in die Länge. Interessant auch zu beobachten, daß nach der Vorstellung Eltern und Kinder nicht, wie sonst bei solchen Stücken gewohnt, die Titelmelodie summend nach Hause gingen, so wenig eingängig waren die Lieder. Einen Vater hörte ich gar unverblümt deutlich sagen: "Der Lebkuchenmann war eine richtige Lusche". Dem möchte ich nicht widersprechen. Viel Sympathie hingegen ernteten wie oben beschrieben An Kuohns Teebeutel, der skurille heisere Herr Kuckuck und die optimistische Pfeffermühle. Als Frau Teebeutel mit ihren Küchenkräutern Herrn Kuckuck seine Stimme zurückgegeben hat, der Lebkuchenmann von den "Großen" nicht verspeist wird, die beinahe böse Maus Flitsch (Maresa Lühle) beleidigt abgereist ist und alle sich gegenseitig mögen, ist die Welt wieder in Ortdnung - große Party - aus.

Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de