Das Märchen vom kleinen König Michael Kaufmann 3. und wohl letzter Teil

(k)eine Gutenachtgeschichte

von Eusebia P. Bilsing

Eusebia P. Bilsing
Das Märchen vom
kleinen König Michael Kaufmann
3. und wohl letzter Teil
 

Liebe Kinder!
 
Leider scheint es um unseren liebenswürdigen kleinen König Michael Kaufmann (den netten Intendanten der Essener Philharmonie, der auch so viele schöne Abende für Euch im Programm hatte) geschehen. Wie das ? - werdet Ihr fragen. Nun denn – sage ich: Die drei Verschwörer (Wir erinnern uns: Bürgermeister, Kulturdezernent und Vs des Aufsichtsrates) haben einen neuen König gekürt. Natürlich klammheimlich, ohne das Volk der Stadt oder wenigstens deren Minister zu fragen. Und das, obwohl das Verfahren gegen den kleinen König noch im Gange ist. Ja, so sind sie, die Politiker! Falsch, feige aber fromm. Und wer fromm ist darf ja beichten gehen – wie ihr sicherlich wißt, dann wird alles vergeben. Zumindest der Erzbischof von Essen hat das schon zugesagt …auch für die Nichtkatholiken unter den Beteiligten.
 
Ein neuer König

Der nun avisierte König heißt Johannes – Bruder Johannes aus Baden-Baden. Da hat er sehr erfolgreich gearbeitet; im selben klassischen Show-Business, wie der Exkönig Michael. Nur anders!
 
Doch hier müssen wir kurz etwas wichtiges einschieben: in Deutschland wird die Kultur subventioniert, besonders die „Hoch“kultur. Darunter versteht man anspruchsvolle Aufführungen von Oper, Konzert und Tanz in den großen Theatern des Deutschen Bundes-Königreiches. Diese Subventionierung ist wichtig, denn sonst könnten sich nur die Reichen: Millionäre und die noch Reicheren: Multimillionäre, also z.B. Bankdirektoren, Manager, Apotheker, Steuerhinterzieher, Aufsichtsräte und Mafiabosse eine Karte für ein gutes Konzert oder eine Oper mit einem guten Orchester leisten. Da der Staat aber diese „Topkultur“ mit rund 150 Euro pro Sitzplatz (grob gerechnet) unterstützt, können auch Eure Eltern sich zweimal im Jahr einen Opern- oder Konzertbesuch leisten, wenn sie nicht ausgerechnet zu André Rieu gehen. Kostete die Karte aber 650 Euro, wie in Salzburg, oder Baden-Baden (für „Events“ natürlich nur!), dann könnte sich kein Normalbürger je so eine Karte leisten. Das ist doch nett vom Staat, oder? Nun sagt Ihr flugs Eurem Papa und Eurer Mama, daß sie auf diese Art ganz viel Steuern sparen können! Wieso?
 
Rechenaufgaben

Na rechnet doch mal: 50 Euro kostet die Eintrittskarte, aber 150 Euro werden an Subventionen vom Staat dazugelegt. Das macht? Genau: 200 Euro, von dene Eure Eltern beim Besuch 150 sparen, weil der Steuerzahler ja den Rest übernimmt. Gehen sie also zehnmal im Jahr in die Oper, dann bekommen sie quasi 1.500 Euro Steuern zurück – nicht in bar, sondern durch Kunst, ähem… durch Genuß im weitesten Sinne! Ihr schüttelt den Kopf meine Kleinen? Also erklär ich es anders: Weil es so lecker ist, eßt ihr sicher gerne Marzipan. Doch Marzipan ist schweineteuer…zumindest echtes! Ihr geht also in die subventionierte Oper und bezahlt dort 10 Euro. Dafür bekommt ihr bei Heinemann höchstens eine handvoll kleiner Marzipankugeln – in der Oper aber einen Riesensack voll, den ihr aber auch an einem Abend aufessen müßt – klaro? Verstanden? Gut!
 
Nun gibt es aber auch Opernhäuser wie u.a. Salzburg, Bayreuth oder eben Baden-Baden – Häuser der absoluten Top-Kultur (also tonnenweise Marzipan & Champagner in Eimern!), die wollen oder bekommen gar keine Subventionen vom Staat - also… Wer hat nun aufgepaßt? - müssen die Besucher dann alles alleine bezahlen. Das wären bei dem obigen Beispiel für Eure Eltern dann 200 schlappe Euro pro Karte und kein Marzipan. Logisch, daß sie dann nicht mehr ins Theater gingen, sondern zu André Rieu, denn der nimmt „nur“ 75 unsubventionierte Euro.
 
Aha! Neuer Rechenstift - alles gratis! Toll!

Dieses Modell nun vertritt der gerade neu gewählt Essener Intendant Bruder Johannes mit Unterstützung des Triumvirates: ab 300 Euro Eintritt kann sich dann die Stadt alle Subventionen zukünftig sparen. Echt geil! Die Erwachsenen sagen: die Philharmonie trägt sich dann selbst. „Da kann ja dann auch niemals jemand wieder 1,6 Millionen Schulden machen!“ Jubeln alle Politiker der Stadt Essen.“ Und vielleicht bleibt ja sogar noch etwas übrig für die Kulturhauptstadt. Jupheidieh!
 
Wie bitte? Ihr glaubt nicht an Märchen? Ihr glaubt, daß so etwas auf lange Sicht Augenwischerei ist und niemals funktionieren kann, nur weil wir: a) eine ganz dicke Rezession haben, b) die Weltstars dieser Erde niemals alle in den Kohlenpott nach Essen kämen, c) die Erde kein Scheibe mehr ist, d) Münchhausen nie gelebt hat, e) auch die dickste Party nach 3 Tagen zu Ende geht, weil kein Saft mehr da ist und f) das Perpetuum Mobile nie funktioniert hat
 
Stimmt! Ich sehe es auch so.
 
Nun ist die Erde doch wieder eine Scheibe

Aber die Essener Mächtigen glauben halt noch immer, daß unsere Erde eine Scheibe ist und Münchhausen Ehrenbürger von Essen, daß man sich notfalls Weltstars backen kann, Dagobert Ducks Geld-Swimmingpool jetzt in der Villa Hügel steht und alles besser wird, wenn man beim Schuldenmachen nur richtig reinklotzt, statt kleinkrämerisch zu sparen, wie das blöde Volk. Somit sieht Eure Oma Eusebia auch leider keine Chancen mehr für den netten Exkönig Michael Kaufmann und seine Re-Inthronisierung. Good-bye Michael, my Love! Es war eine schöne Zeit.
 
Gute Nacht Kinder.
 
Eure Omama Eusebia P. Bilsing