Auf glattem Parkett

Teresa Solana - "Mord auf katalanisch"

von Jürgen Kasten
Auf glattem Parkett
(„Un crim imperfecte“)

Städtekrimis sind  ja eigentlich out. Hier aber soll es sich um einen katalanischen, einen Barcelona-Krimi handeln. Das macht neugierig. Schließlich war ich erst kürzlich dort und habe tagelang die Stadt durchstreift. Sollte nun jemand vermuten, unter den Arkaden im Parc Güell würde eine katalanische Oberschulschöne zu traurigen Klängen eines clownesk verkleideten Bratschisten hinterrücks von reaktionären Spaniern gemeuchelt, weil sie sich in der Schule weigerte, spanisch zu sprechen - oder so ähnlich -, so liegt er hier völlig falsch. Teresa Solanas Protagonisten wohnen zwar bevorzugt im Stadtteil Eixample, und in der Nähe Las Ramblas sucht man vergebens freie Parkplätze, doch damit ist der touristische Wiedererkennungswert aber schon beendet. Vielmehr werden wir unprätentiös und ganz selbstverständlich durch die „katalanische Hauptstadt Barcelona“ geführt, und als Bonbon gibt es am Ende des Buches Adressen nebst Telefonnummern der besuchten Restaurants, Cafés, Kaufhäuser und Museen.

Barcelona ist die Geburts- und (stolze) Heimatstadt der 1962 geborenen Teresa Solana, die als studierte Philosophin und Philologin nun als Übersetzerin arbeitet und hier mit „Un crim imperfecte“ ihren ersten Kriminalroman vorgelegt. Durch und durch Katalanin sei sie, schreibt ihr Verlag und so erschien die 2006 veröffentliche Originalausgabe auch in katalanisch. Wundervoll übersetzt von Petra Zickmann. Nicht daß ich des Spanischen oder gar Katalanischen mächtig wäre, aber die Leichtigkeit der Worte, die dahinfließenden ironischen Sätze und Dialoge lassen den Schluß zu, daß die Autorin es genau so gemeint hat.

Teresa Solana hat sich als Ermittler Borja und Eduard ausgedacht, Zwillingsbrüder, die sich in nichts gleichen. Hochstapler, Betrüger, Luftikus der eine; der andere Ex-Banker, Familienvater, naiv und unbeholfen, was das Gebaren der High Society betrifft, in deren Umfeld die beiden sich bewegen.
Die vermeintlich untreue Ehefrau eines hochgestellten Politikers wird ermordet. Borja und Eduard, von denen niemand wissen darf, nicht mal Eduards Frau Montse, daß beide Brüder sind (Borjas Hochstapleridentität wäre sonst gefährdet), erhalten von Lluis Font, dem betroffenen Politiker, den Auftrag sich „mal umzuhören“. Als Detektive sind beide zwar unbedarft; aber in gewissen Kreisen als diskrete Nachrichtenbeschaffer bekannt.

So ziehen die ungleichen Brüder durch die bessere Gesellschaft Barcelonas, gönnen sich einen Abstecher nach Paris und am Ende wird ein armer Wicht  als Schuldiger entlarvt. Die Polizei spielt dabei keine Rolle, kann es in diesem Roman auch nicht, ob der vielen Ermittlungsansätze, die von der Autorin ignoriert werden. Ihr kommt es einzig und allein auf ihre beiden Protagonisten an. Auf Seite 272 vermerkt Teresa Solana mit ironischem Unterton: „Die Geschichte taugt also nicht einmal für einen Kriminalroman“. Ich sage es hier ohne Ironie: "Mord auf katalanisch" ist kein Kriminalroman, allemal aber lesenswert, da Solanas ironischer, leichter Stil uns in die feine Gesellschaft Katalaniens und zu denen, die dazu gehören wollen führt und beide dabei vortrefflich persifliert. Sie werden also gut unterhalten, vorausgesetzt, die einführenden komplizierten Familienzusammenhänge schrecken den nach Spannung verlangenden Leser nicht gleich zu Anfang ab. Was mir allerdings insgesamt weniger gefällt, ist ihre Idee, sich als Icherzähler des Eduard zu bedienen, um so manch Klischeehaftes gegen ihre Geschlechtsgenossinnen zu Papier zu bringen.

Beispielbild

Teresa Solana
Mord auf katalanisch
 
Ein Barcelona-Krimi
Aus dem Katalanischen von Petra Zickmann
Ungekürzte Taschenbuchausgabe September 2008
 
© 2007 der deutschsprachigen Ausgabe - Piper Verlag
288 Seiten, kartoniert
€ 7,95 [D], € 8,20 [A], sFr 15,00
ISBN: 9783492252607


Weitere Informationen unter:
www.piper.de