Krimi-Nostalgie mit hohem Unterhaltungswert

Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger jetzt auf DVD

von Frank Becker
Bestes aus dem Pantoffelkino

Leute, geht´s mir doch alle weg mit CSI NY/Miami/Navy, Law & Order, Monk,
Cold Case, Der Alte, Ein Fall für zwei, Soko 5113 oder R.I.S  - nur ein paar Beispiele der Dutzende Krimi-Serien, die derzeit allabendlich über die Bildschirme des Pantoffelkinos flimmern. Schön, es gibt sicher auch ein paar gute darunter, ich denke z.B. an die "Rosenheim Cops", einige Folgen Tatort und Polizeiruf 110, den ironisierenden Wiener Major Kottan und den
kriminalisierenden Pfarrer Braun - aber die wirklich gute Unterhaltungs-Ware finden Sie hier.
In den 60er Jahren, genauer: von 1964 bis 1969 drehte die Bavaria Film-Produktion für die Vorabend-Programme des Westdeutschen Werbe Fernsehen (wwf) die in ihrer Art bis heute Maßstäbe setzende Serie "Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger". Allenfalls die ebenfalls Münchner "Polizeiinspektion 1" (1977-1989) mit dem unvergessenen Walter Sedlmayr konnte da noch anknüpfen. Zuvor hatte aus München die "Funkstreife Isar 12" (1961-1963) gute Vorabend-Unterhaltung geboten.

Beppo Brem (1906-1990) gab in den Sechzigern in Folgen von jeweils knapp 25 Minuten (ohne Werbe-Unterbrechung) und in schlichtem schwarz/weiß den Kriminalinspektor Wanninger, dem es mit seiner unkonventionellen Vorgehensweise zum Ärgernis seines überkorrekten Kollegen und stetigem Konkurrenten Kriminaloberinspektor Steiner (Wolf Ackva, 1911-2000) gelang, auch die scheinbar kniffligsten Fälle simpel zu lösen. Loyale Unterstützung erfuhr er dabei durch den gewitzten Kriminalassistenten Fröschl (Maxl Graf, 1933-1996) und wohlwollende Duldung seiner "seltsamen", halt auch mal vorschriftswidrigen Methoden durch den Chef, Kriminaldirektor Mitterer (Fritz Strassner, 1919-1993). Mit Menschenkenntnis und Bauernschläue, kriminalistischem wie psychologischem Gespür, einer ordentlichen Zigarre und einem guten Kaffee erreichte Franz Josef Wanninger mehr, als eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei oder ein komplizierter Ermittlungsapparat. Seine Fähigkeit, sich in die Gedankenwelt des Täters zu versetzen, die Tat "von innen" zu betrachten und ohne Hauen und Stechen auch mal in Verkleidung zur Überraschung der Ganoven aufzuklären, gehört zum Besten des deutschen Fernsehens. Scheinbar ein Misanthrop, ein Polterer, der stets mit seinem Ischias ringt, erweist sich der Kriminaler doch immer wieder als echter Philanthrop.
Beppo Brem gelingen hierbei die leisen Töne herzerwärmend, ein weiteres Plus. Daß der Humor dabei nicht zu kurz kommt, liegt auf der Hand. Hier geht es nicht um Gänsehaut und Horror, hier geht es um gute, leichte Unterhaltung. Das Leichte ist eine schwere Disziplin ist, was oft genug übersehen wird. Darum sei unterstrichen, daß es hier perfekt gelang.

Die jetzt von EuroVideo auf 3 DVD aufgelegten ersten 21 Folgen aus den Jahren 1964/65 (von insgesamt 51) sind nicht nur ein frohes Wiedersehen mit vielen Großen des bayerischen Volkstheaters und der deutschen Film- und Fernsehgarde - u.a. waren nur in diesen 21 ersten Filmen Franziska Liebing als Wanningers geduldige Haushälterin Frau Burgmüller, Ruth Drexel, Ludwig Schmidt-Wildy, Christa Berndl, Gustl Bayrhammer, Eva-Maria Meineke, Jürgen Scheller, Martin Lüttge, Henry van Lyck, Sigurd Fitzek, Friedrich von Thun, Michael Cramer, Hermann Lenschau, Till Kiwe, Ulrich Beiger, Herbert Tiede, Wilfried Klaus, Heinz Engelmann, Heinz Leo Fischer, Thomas Reiner, Nino Korda, Karl Obermayer, Karl Bockx und Hans Eskamp dabei. Die familienfreundlichen, da nahezu gewaltfreien Filme sind trotz der Krimi-Handlung ein Ausflug in eine durchaus bessere Welt. Das heute vor allem in US-Serien allgegenwärtige Geballere, die brutal physische und sadistisch
zynische psychische Gewalt, das Auswalzen und Ausschlachten immer perverserer Verbrechen zur unkontrollierten Unterhaltung aller Alters- und Gesellschaftsschichten, das ohne jeden Zweifel seinen Anteil an der erschreckend anwachsenden Brutalisierung und bedenkenlosen Kriminalisierung unserer Gesellschaft hat, findet hier gottseidank nicht statt.

Wenn schon das ausreichend Empfehlung für die Wanniger-Filme dieser sehr empfehlenswerten 3-DVD-Box ist, so kommt noch der wirklich enorm hohe Unterhaltungswert hinzu. Hervorragende Schauspieler der ersten Garde standen hier als Spitzbuben und Polizisten, als Gauner und Kriminaler in pfiffig ausgedachten Episoden vor der Kamera. Als Drehbuchautoren standen Theo van Alst, Werner Bardili, Helmut Pigge, Wilfried Schröder, Georg Althammer & Karlheinz Willschrei, Rolf & Alexandra Becker, Wolfgang Mühlbauer und Stefan Gommermann, als Regisseure Michael Braun, Günter Gräwert und Imo Moszkowicz für die hohe Qualität. Die in appetitlichen Happen zu je 25 Minuten servierte Vorabend-Kost schmeckt dem Krimi-Freund jederzeit als kleines Intermezzo. Nebenbei: ursprünglich für das "Intermezzo", das Vorabend-Programm des WDR-Fernsehens produziert, eroberte der Kriminalinspektor Franz Josef Wanninger sehr schnell auch andere Regionalkanäle.

Irgendwann wird auch der beste Kriminalinspektor pensioniert. Dieses Schicksal erfuhr auch Franz Josef Wanninger. Aber er blieb dank seiner Drehbuchschreiber nicht untätig. Unter dem Titel "Die unsterblichen Methoden des Franz Josef Wanninger" half er seinem alten Kollegen Fröschl auch später weiter, wiederum geduldet von Kriminaldirektor Mitterer und von Oberinspektor Steiner ungern gesehen. Übrigens trat später Claus Biederstaedt, der am 28. Juni seinen 80. Geburtstag feierte, als neuer Kriminalassistent Kettwig in die Serie ein, die so gut ist, daß wir ihr den Musenkuß verleihen.
 
Beispielbild

Die seltsamen Methoden des Franz Josef  Wanninger

Die ersten 21 Folgen der Krimi-Reihe auf  3 DVD

© 2007 EuroVideo / Bavaria Media

DVD 1:
1. Der Zeitzünder
2. Die Hexe von Ödach
3. Der Kunstfreund
4. Das Wunder
5. Ballgeflüster
6. Es liegt in der Luft
7. Kavaliere
DVD 2:
8. Der Winterurlaub
9. Der Kanarienvogel
10. Eine Spur für "Schneewittchen"
11. Rivalitäten
12. Die Stute Flora
13. Stimmen aus dem Jenseits
14. Die Familienfeier
DVD 3:
15. Eine verhängnisvolle Erfindung
16. Das Moorbad
17. Diener gesucht
18. Eine "diplomatische" Lösung
19. Blüten aus den Isarauen
20. Das Fest der Mönche
21. Der Einbrecher

Gesamtspieldauer:  ca. 534 Minuten (21 mal ca. 25 Minuten)

Ein umfangreiches, informatives Heft mit Inhaltsangaben der Episoden und Biographien der Protagonisten liegt bei.

Weitere Informationen unter: