West Side Story im O-Ton

In Düsseldorf lebt Leonard Bernsteins Musical in der brillanten Inszenierung und Choreographie von Joey McKneely auf

von Andreas Rehnolt
Kult-Musical "West Side Story" begeistert in der Düsseldorfer Oper

Der Broadway-Klassiker von Leonard Bernstein in der Originalversion steht noch bis zum 19. Juli auf dem Programm
 

Düsseldorf - Die Original-Version des Kultmusicals "West Side Story" hat am Mittwochabend bei der Premiere im Düsseldorfer Opernhaus für minutenlangen stehenden Applaus gesorgt. Die rund zweieinhalbstündige Inszenierung des Choreographen Joey McKneely und seiner phantastischen Truppe faszinierte sowohl mit den tänzerischen als auch den gesanglichen Leistungen. Der wohl schönste Song des vor über 50 Jahren in New York uraufgeführten Stücks ist
in Düsseldorf sicherlich "I like to be in America", den die Puertoricaner-Mädchen um die hinreißend-naive Maria (Davinia Rodriguez) und die großartige Anita (Lana Gordon) knapp 30 Minuten nach dem Start des Musicals witzig und begeistert singen.

Mambo! - Foto © Nilz Böhme - BB-Promotion


Musikalische Glanzleistung

Bis zum 19. Juli ist die "West Side Story" als Sommerbespielung im Opernhaus in Düsseldorf zu sehen. Vorstellungsbeginn ist jeweils um 19.30 Uhr. Samstags und Sonntags gibt es zudem auch eine Nachmittags-Vorstellung, die um 14.30 Uhr anfängt. Danach fegt die Truppe in London und Athen über dortige Theaterbühnen. Der Ohrwurm "Maria", mit Scott Sussmann als Tony mit einem Hauch zuviel an Herz geschmettert fehlt ebensowenig, wie das Duett "Tonight", das beim Rezensenten und seiner Begleitung sogar für Gänsehaut im tropisch-heißen Opernhaus sorgte. Sämtliche Songs werden live vom eigens für die Produktion zusammengestellten Orchester aus litauischen Instrumentalisten begleitet. Kapellmeister am Pult ist Donald Chan, der die Geschichte über die zwei rivalisierenden Gangs im Manhatten der 50'er Jahre schon rund 2.000 mal dirigiert hat und der Leonard Bernstein persönlich gut kannte.

Beachtliches gesangliches und tänzerisches Potential

Die Bühne ist schlicht gehalten. Manhattan kommt als zusammenklappbare Holzkonstruktion eines Straßenzugs daher. Im Hintergrund gibt es riesige an die Wand geworfene schwarz-weiß-Fotos aus dem New York der Upper West Side während der letzten Sommertage in den 50'er Jahren. Während die Puertoricaner-Mädchen mit hübschen Kleidern zum Tanzabend auf die Straße kommen, haben die Girls der einheimischen Gang in einer Szene allerdings knappe Röckchen an, wie sie seinerzeit selbst in Manhattan noch unbekannt waren und frühestens 20 Jahre nach der Zeit der Musical-Handlung tragbar wurden. Das ist aber auch die einzige Kritik an dieser sonst rundum gelungenen Inszenierung, an die von der Qualität her wohl kein Stadttheater je heranreichen kann. Alleine deshalb lohnt sich sicherlich in den nächsten zwei Wochen ein Abstecher in die Düsseldorfer Oper.

..cool, Action.. -Foto © Nilz Böhme - BB-Promotion

Die 50 Jahre alte Choreogaphie von Jerome Robbins erweist sich in dieser "West Side Story" als eine der Musik kongeniale Visualisierung. Sämtliche Sänger und Tänzer besitzen großes stimmliches und athletisches Potential. Keine Sekunde scheinen die Akteure still zu stehen. Viel Gefühl kommt auch durch die intensive, meist düster-hoffnungsvolle Lichtführung in das Stück hinein, bei dem sich der Amerikaner Tony in das Puertoricaner-Mädchen Maria auf den ersten Blick unsterblich verliebt. Die moderne Variante von "Romeo und Julia" macht aus der
Shakespeare´schen Familienfehde einen jugendlichen Bandenkrieg in einem heruntergekommenen Viertel von New Yorks West Side. Die legendäre Verfilmung des Stoffs brachte es 1961 auf zehn Oscars und zählt damit bis heute zu einem der meistprämierten Leinwanderfolge in der Geschichte Hollywoods.


Pretty  -  Foto © Nilz Böhme - BB-Promotion
Gänsehaut und Rührung

Zauberhaft, wie Maria ihren Freundinnen mit dem Song "I feel pretty" ihre Verliebtheit bezeugt. Die später ungewollt oder im Affekt geschehenden tödlichen Messerstiche gehenähnlich intensiv, doch eben ganz anders `unter die Haut´. Bernardo ersticht einen Jet, wird selbst daraufhin von Tony erstochen, der nach der Tat nicht nicht begreifen kann, was er da getan hat. Träume und Hoffnungen
im heißen Manhattan werden in diesem Kultmusical im Verlaufe von nur wenigen Stunden geboren und wieder zunichte. Für einige Minuten glänzt eine gewaltfreie Vision des Zusammenlebens von Puertoricanern und Amerikanern auf, in der die Tänzer ganz in weiß gekleidet den wunderbaren Song "Somewhere, there's a place for us" singen, der manchem Premierengast Tränen der Rührung entlockte, anderen abermals einen Schauer über den Rücken laufen ließ.

Gefeiertes Ensemble


Am Ende dann, im Augenblick einer möglichen Wende erschießt Chino, ein Freund Bernardos vor

The Rumble  -  Foto © Nilz Böhme - BB-Promotion
den Augen Marias Tony. Und die tief verzweifelte Maria führt den beteiligten Gangs die Sinnlosig- und Boshaftigkeit des Kämpfens und Mordens vor Augen. Wenn die beiden rivalisierenden Gangs den toten Tony gemeinsam von der Straße tragen, kommt Hoffnung auf Versöhnung auf. Geladene Premierengäste feierten mit dem umjubelten Ensemble bis in den frühen Morgen. Dabei zeigte sich Anita Arm in Arm mit Tony und gestand dem Rezensenten bei einem Glas Sekt schmunzelnd, sie beide würden sich als Freunde sehr gut verstehen. Maria stand derweil bei der Premierenfeier mit Kollegen etwas abseits, wirkte jedoch in keinster Weise eifersüchtig.

Eintrittskarten zum Preis von 28 bis 88 Euro sind erhältlich über die Ticket-Hotline des Opernshops: 0211-8925-211 sowie im Internet unter www.bb-promotion.com.

Redaktion: Frank Becker