"Georg"

Ein Film von Caterina Klusemann über ihren Vater, den Maler Georg Klusemann

Ein Programmhinweis von Arte

Georg Klusemann und Elena

"Georg"

Am 15.6.2008, 23:25 auf Arte

In ihrem Film versucht die Regisseurin Caterina Klusemann ihren Vater, den früh verstorbenen Essener Maler Georg Klusemann, zu verstehen. Eine Geschichte von Idylle, Illusion und Sehnsucht: von einer Liebe, die zwei Welten verbindet; der Phantasie, das was der Krieg zerstört hat wieder gut zu machen; dem Kampf für eine kompromißlose Kunst. Und die Geschichte des tragischen Schiffbruchs dieser Ideale im Aufeinandertreffen mit der Realität.
"Georg", Deutschland 2008, 72', Kamera Axel Schneppat, Musik Klaus Janek, Schnitt Christian Fibikar, Tondesign Raimund von Scheibner, Producerin Reinhild Feldhaus, Redaktion Doris Hepp, Produktion CK und Ma.Ja.De für Arte/ZDF
Verleih: www.deckert-distribution.com

Einführung von Caterina Klusemann

Als mein Vater starb, war es als ob eine letzte Bürde den Tragödien hinzugefügt wurde, die die Familie trug und an der sie schließlich zerbrach. Als Kind habe ich mich nach einem Zeichen von ihm gesehnt, irgendetwas, das mir zeigen würde, wie ich leben könnte trotz oder mit all den angesammelten Sorgen. Die Geschichte meiner Mutter und Großmutter als Holocaust-Überlebende warf einen dunklen Schatten auf unsere Gegenwart. Mein deutscher Vater hingegen schien unberührt geblieben zu sein vom Krieg: er hinterließ ein Œuvre - unendlich bunt und schön. Als es für meine Mutter so dringend notwendig war über ihre Kindheit zu reden, konnte er ihr nicht zuhören. Sein Schaffen, schlicht „ein Fest für die Augen“, schien wie das Scheitern von jemandem, der zu ängstlich war den häßlichen Seiten der Realität ins Antlitz zu sehen. Wütend und desillusioniert konnte ich die widersprüchlichen Erinnerungen an ihn, die mir nach seinem Tod blieben, nicht zusammenführen. Seine Gemälde waren mir unzugänglich.
Dieser Film basiert auf dem Wunsch, den Vater, den ich verlor, zu verstehen. Er wird sich mit der Suche nach einer Lösung beschäftigen, ohne die Lösung zu sein. Fragen werden gestellt werden nach den Verletzungen, die sich vererben, zu dem Verhältnis der Kinder von Opfern zu denen von Tätern, nach der moralischen Verantwortung von Kunst. Im Verlauf des Films wird sich meine Wut und einseitige Beurteilung zu etwas entwickeln, das komplizierter ist, weil es die irritierende Vielfalt der Perspektiven aufnimmt – möglicherweise die einzige Weise auf die Geschichte meiner Familie, meines Vaters und seiner Kunst zu blicken.

Zu Georg Klusemann

Georg Klusemann (* 13. Mai 1942 in Essen an der Kluse; † 4. Mai 1981 in Pisa) war Maler und Kinderbuchautor. Obgleich er bei seinem Tod erst 38 Jahre alt war, hinterließ er ein umfangreiches Werk. Georg Klusemann gehört zu der Gruppe deutscher Künstler wie zum Beispiel Werner Gilles, Eduard Bargheer oder Gerhard Hoehme, in deren Werk eine spezifische Italienerfahrung wirksam wurde. Nach seinem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf in den Jahren 1962 bis 1968, dort zuletzt als Meisterschüler bei dem Bühnenbildner Teo Otto, und nach ausgedehnten Studienreisen, die ihn u.a. nach Spanien, in den Vorderen Orient oder nach Südamerika führten, gewann sein künstlerisches Schaffen in den Jahren um 1970 ein klares eigenes Profil. Vielfältige Impulse der europäischen Malerei, mal mehr oder weniger deutlich, ob von Joan Miró, Victor Vasarely, Giorgio Morandi oder Domenico Gnoli, aus Surrealismus oder Op- Art, sind in dem Werk verarbeitet, in das eigene Konzept verwandelt. Georg Klusemann hat als Maler, Zeichner, Graphiker, Dichter und Kinderbuchautor gearbeitet. Sein Nachlaß umfaßt etwa 350 Gemälde, 330 druckgraphische Blätter, Hunderte von Handzeichnungen, Guachen und Aquarelle sowie ein lyrisches Werk und Kunstmärchen. Seine Kinderbücher sind beim Peter Hammer Verlag und bei Beltz & Gelberg erschienen. Ein komplettes Werkverzeichnis ist im Auftrag des Landschaftsverbands Rheinland und des Rheinischen Landesmuseums Bonn erschienen.

Georg Klusemanns Gemälde und sein graphisches Werk wurden in mehr als 40 Ausstellungen in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, USA und Venezuela gezeigt. Die wichtigsten Werkschauen nach seinem Tod fanden im Folkwang-Museum in Essen, im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf, im Goethe-Institut New York, im Museo Bagatti Valsecchi in Mailand und im Museo d'arte contemporanea Villa Croce in Genua statt. Er ist mit einzelnen Werken im Metropolitan Museum in New York, im Museum of Modern Art in New York, in der Albertina in Wien, im Rheinischen Landesmuseum in Bonn, im Museo d'arte contemporanea Villa Croce in Genua, im Museo de Bellas Artes in Caracas sowie in zahlreichen Privatsammlungen vertreten.
Nach der Überfülle der Einfälle, des spielerischen Abenteuers im Bild, gleichsam barocker Formenvielfalt und manieristischer Raumverschränkungen gelangte der Künstler in seinen letzten Lebensjahren zu sehr schlichten und prägnanten Bildern, in denen sich eine eigene Balance von Heiterkeit und Melancholie manifestierte. Seine außergewöhnliche Kraft der Phantasie und bildnerische Vitalität ließen ihn einen eigenen Weg ohne Rücksicht auf die herrschenden Trends der Zeit und des Marktes gehen. Figürliche, dingliche und abstrakte Momente, ebenso konzeptuelle und dekorative verbinden sich zu einer eigenen Haltung in seinem Bilddenken, das auf seine Weise die Bildproblematik in den Mittelpunkt stellt und so auf das Davor und das Dahinter im Verhältnis zur Fläche der Imagination reagiert.

Technische Daten

Caterina und Georg Klusemann

Titel: Georg
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Caterina Klusemann
Länge:
72 Min.
Format: Digi Beta
Produziert von:
Caterina Klusemann für ARTE/
ZDF mit Ma.ja.de Filmprod.
Kamera: Axel Schneppat
Schnitt: Christian FIbikar
Musik: Klaus Janek
Sound Editor: Raimund von Scheibner
Producerin: Reinhild Feldhaus
Drehorte: Toskana, Nordrhein Westfalen

Redaktion Musenblätter: Frank Becker