Deutschland. Ein Gummibärchen - oder: Mach mir den Kinski
Er gehört auf dem Markt nachdrängender junger Kabarettisten mittlerweile zu einer der wenigen wirklich gehaltvollen Konstanten. Der Würzburger Mathias Tretter (35) betont: „Ich mache politisches Kabarett“, und bedauert im gleichen Atemzug das Verschwinden großer Figuren wie Brandt, Wehner, Schmidt und Strauß, „die Fußstapfen hinterlassen haben, in denen ein Guido Westerwelle einen zweiwöchigen Segeltörn mach könnte“. Wohl war. Aber für ein aktuelles Witzchen oder eine pfiffige Pointe hie und da sind Figuren wie der larmoyante Liberale, der radelnde Langweiler Scharping, sein kaum aufregenderer Kollege Kurt Speck, oh pardon... Beck oder der saarländische Hilfskommunist Oskar Lafontaine – welcher andere berüchtigte Rote kam denn da gleich noch aus dem Saarland? – allemal gut. Mathias Tretter leuchtet die finsteren Winkel der Tagespolitik aus und stößt neben simplen Steuer-Betrügern (schon vergessen? Zumwinkel!) auf viele Lügen, Lachhaftes und Lächerliches. Nun, bei Zumwinkel ist immerhin zu beachten, daß sich ein Post-Chef schon aus beruflichen Gründen für
Zum herzhaften Lachen. Wirklich kaum zum Lachen ist der in Richtung Osten um den Globus tobende Sozial-Tsunami, den Firmen wie Nokia durch kaltblütig arrangierte Firmenschließungen auslösen, aber erwähnt werden muss so etwas. Mathias Tretter nimmt es auf sich. In seinem gut zweieinhalbstündigen Programm, das sich nicht nur im Titel „Deutschland. Ein Gummibärchen“ an Heine anlehnt, nimmt Tretter gezielt aufs Korn, was manchem von uns unangenehm aufstößt – ob es der neue Vater Galliens, der „Papa Gallo“ Sarkozy ist, Selters als Trendgetränk, „authentisches Lounge-Feeling“ allenthalben oder der gemeine Heizpilz als eine entscheidende Ursache des Klimawandels. Mathias Tretter wünscht sich im Winter Schneematsch und Depressionen – „...schließlich bin ich Deutscher!“ und möchte nicht im November unter einem Heizpilz vor dem Eiscafé sitzen.
Eine ganz besondere Nummer hat Mathias Tretter als Running Gag (auf den man schon fast süchtig wartet) im Programm: wenn er den Kinski gibt, ist kein Halten mehr. Mit „Kinski spricht Heine“ könnte er glatt ein eigenes Programm bestreiten. Seit der Irre vom Dienst 1991 von der Bühne abgetreten ist, hat eine Lücke geklafft. Tretter schließt sie gültig, auch optisch. Wenn´s mit dem Kabarett nicht mehr klappen sollte – hier hätte er die Rolle seines Lebens gefunden. Weitere Informationen unter: www.mathiastretter.de CD des Programms bei : www.wortart.de |