"Blackwater" - ein geradezu unheimliches Sachbuch von Jeremy Scahill

Gesetzlosigkeit, Söldnertum und Korruption unter dem Schutz der US-amerikanischen Regierung

von Robert Sernatini
Die Büchse der Pandora

Dieses Buch sollte jeder lesen, der noch immer an die Gerechtigkeit des US-geführten Krieges im Irak glaubt. Dieses Buch sollte jeder lesen, der glaubt zu wissen, wer in den USA die Fäden der Macht in den Händen hält. Dieses Buch sollte lesen, wer denkt, daß die Mafia die größte kriminelle Bedrohung der zivilisierten Welt ist. Doch sollte man das nicht vor dem Einschlafen tun, denn daran ist anschließend nicht mehr zu denken. Die Geschichte der amerikanischen Privatarmee "Blackwater" des christlich- fundamentalistischen Söldner-Moguls Eric Prince ist so unglaublich, daß sie dem  unvorbereiteten Leser die Haare zu Berge stehen läßt.

Der amerikanische Journalist Jeremy Scahill hat die unglaublichen Verflechtungen der politischen Macht mit religiösen Gruppen und paramilitärischen Söldner-Organisationen in den USA unter dem Schild der Republikaner untersucht und ist zu erschreckenden Ergebnissen gekommen. Mit dem Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon im Jahr 2001 durch fanatische Moslems unter Führung islamistischer Terrororganisationen und mit dem Einmarsch amerikanisch geführter Koalitions-Truppen in Afghanistan und im Irak hat das Geschäft mit der "Sicherheit"
einen Aufschwung genommen, der selbst Fachleute verblüfft. Mit der Hilfe ehemaliger US-Politiker, ja Minister haben einige einst überschaubare Sicherheitsunternehmen wie Halliburton und eben Blackwater eine Schattenarmee aufbauen können, die neben -zigtausenden Söldnern aus aller Welt über ein ungeheures Waffenarsenal, gepanzerte Fahrzeuge, sogar eine Luftflotte verfügt, mit denen Kriege geführt - oder wie Scahill schreibt, "Regierungen gestürzt werden könnten".

Unter der Administration des amerikanischen Präsidenten George W. Bush und seines Verteidigungsministers Donald Rumsfeld wurden derart viele reguläre logistische Aufgaben,
welche die Armee selbst nicht mehr wahrnehmen konnte, mit lukrativen Verträgen an private Versorgungsunternehmen und Sicherheitsfirmen übergeben, daß neben dem regulären Militär eine Parallel- Organisation entstanden ist, ohne die z.B. der Einsatz im Irak kaum noch möglich wäre. Gleichzeitig stieg die militärische Macht einer aus Eliteeinheiten sämtlicher Armeen der Welt rekrutierten privaten Söldnertruppe in einem unvorstellbaren Ausmaß. All das ist bereits skandalös genug, um jeden anständigen Bürger in Unruhe versetzen zu können. Daß aber diesen Söldnern durch Gesetz strafrechtliche Immunität für ihre Taten bis hin zum Mord im Irak, in den USA oder anderswo gewährt wird, läßt erschauern.

Jeremy Scahill behauptet nicht, er beweist in seinem Buch und dem umfangreichen Anmerkungsapparat dazu, daß die mafiösen Strukturen zwischen republikanischer US-Politik, amerikanischen christlichen Fundamentalisten und handfesten wirtschaftlichen Interessen einer kleinen verschworenen Clique um die ehemaligen US-Verteidigungsminister Cheney (der später bei der privaten Sicherheitsfirma Halliburton einstieg und das Ruder übernahm) und Rumsfeld (der heute aus in seiner Amtszeit geschlossenen Regierungsverträgen mit der pharmazeutischen Industrie, an der er beteiligt ist und anderen Verflechtungen ein Millionenvermögen zieht), und Bush selbst. Scahill belegt, daß wider besseres Wissen von der US- Regierung Situationen geschaffen wurden, die nur noch durch den Einsatz privater Armeen einigermaßen bewältigt werden konnten und daß die US-Regierung unter Bush jun. Konflikte schürte, um das Ölgeschäft in den Griff zu bekommen.
So wurden z.B. Bushs Statthalter im Irak, Paul Bremer und sein Nachfolger nicht etwa von der regulären Armee beschützt, sondern von Blackwater-Söldnern, die durch ihr brutal-martialisches Auftreten im Irak das Bild des "ugly american" zementierten.

Eric Prince, seine Konkurrenten und ihre Privatarmeen greifen nun auch auf amerikanischem Boden, wo sie bereits Garnisonen von ungeheurem Gewaltpotential besitzen, nach Teilen des staatlichen Machtmonopols. Allein Blackwater verfügt jetzt schon über eine Streimacht von 23.000 (in Worten: dreiundzwanzigtausend!) Söldnern, weitere 21.000 stehen auf Abruf bereit, um in jedem Land der Welt für "Ordnung" zu sorgen. Wie die Aussehen würde, mag man sich nicht einmal vorstellen. Ein abscheulicher Sumpf tut sich auf - Jeremy Scahill hat eine geöffnete Büchse der Pandora entdeckt, deren Deckel schnellstens zugeschlagen gehört.      
Beispielbild

Jeremy Scahill
Blackwater

Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt

© 2008 der deutschen Ausgabe: Verlag Antje Kunstmann

351 Seiten, geb. m. Schutzumschlag, umfangreichem Anmerkungsapparat und Register
22,- €

Weitere Informationen unter:
www.kunstmann.de