Theater aus der Froschperspektive

Dörte Bald lud in ihr Wohnzimmer ein

von Frank Becker

Dörte Bald - Foto © Frank Becker
Theater aus der Froschperspektive
 
Dörte Bald lud in ihr Wohnzimmer ein
 
Gäste: Svea Schenkel (Dramaturgin) - Lena Vogt (Schauspielerin) - Lotte Bauer (Chorsängerin) - Marco Agostini (Sänger)
 
Weil die gut 100 interessierten Gäste, die das Kronleuchterfoyer des Operhauses bis auf den letzten Platz füllten, ohnehin nicht in Frau Dörtes Heckinghauser Wohnzimmer gepaßt hätten, brachte die beliebte Volksschauspielerin Dörte Bald ihr Wohnzimmer einfach mit ins Opernhaus.
Da stand sie nun, ein kleines bißchen nervös, aber von der Sympathie des Publikums getragen im hehren Musentempel zwischen Stehlampe, Ficus, 50er Jahre Sesseln (Schauspielhaus-grün bezogen) und Reclam-Handbibliothek, um eine Lanze fürs Theater zu brechen. „Theater darf niemals nicht mehr sein!“, so ihr Plädoyer, das einhelligen Applaus bekam. Dem anwesenden Intendanten des Schauspiels Thomas Braus wird es Nektar in den Ohren gewesen sein, dem Geschäftsführer der Bühnen Enno Schaarwächter ein Menetekel. Bestens vorbereitet hatte sich die Künstlerin durch mehrfache Besuche der zu behandelnden Aufführungen und diverse Hospitanzen in der Theaterkantine, an der Garderobe und als Programmverkäuferin.
 
Auf dem Programm des ersten Theater-Nachhilfe-Sonntagnachmittags von Frau Dörte standen zwei aktuelle Produktionen  der Wuppertaler Bühnen:  die Opernproduktion des Musicals „My Fair Lady“ (übrigens mit Schauspiel-Intendant Thomas Braus in tragender Rolle als Henry Higgins) und das Schauspiel „Die Zofen“ von Jean Genet – Stücke, die in ihrer Dramatik kaum unterschiedlicher sein könnten. Zur Unterstützung hatte sich unsere Heckinghauser Eliza der Mitwirkung der Dramaturgin Svea Schenkel, des Sängers Marco Agostini (Rolle des Freddy) und der Chorsängerin Lotte Bauer versichert, die in Interview und improvisierter Szene (mit Publikumsbeteiligung) Blicke hinter die Kulissen ermöglichten.  Selbstverständlich wurde der Cockney- bzw. Berliner Zungenschlag in Wuppertal durch das lokale Idiom ersetzt, also anstatt „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ hörte man „Den Wein am Rhein trinkt keiner gern allein“, wobei das ei durch das typische läng- und breitgezogene ä-i ersetzt wurde. Ein hübscher Jux fürs begeistert mittuende Publikum
 
In den „menschlichen Keller“, so Dörte, führte die Betrachtung des Genet-Dramas „Die Zofen“, das mit seiner bedrückenden Perspektivlosigkeit das „Spiel von Erniedrigung und Unterwerfung“ (Daniel Diekhans) zum Thema hat. Auch hier hatte Frau Dörte prominente Unterstützung durch die Schauspielerin Lena Vogt, die in der Wuppertaler Inszenierung die Claire spielt. Sie sprach darüber, wie man in eine solch aufreibende Rolle hinein- aber auch wieder aus ihr herauskommt. Als Darstellerin nimmt man durchaus etwas davon mit nach Hause, das auch bis in die Träume der Nacht hineinwirkt. Interessant auch zu erfahren, daß „auf der Bühne nichts zu machen oft schwerer ist als zu agieren“, so Lena Vogt. Daß im Stück viel französisch gesprochen wird, gab Frau Dörte zu der augenzwinkernd selbstkritischen Bemerkung „…hättste doch mal in der Schule besser aufgepaßt“ Anlaß. Das aber, beruhigte Lena Vogt, sei unerheblich, unterstütze lediglich die Dramturgie.
Ein gelungener unterhaltsamer wie informativer Theaternachmittag zur Kaffeezeit – am 4. März 2018, 15.00 Uhr und 10. Juni 2018, 15.00 Uhr ist Dörte Bald wieder im Kronleuchter-Foyer des Opernhauses zu Gast.
 
Weitere Informationen und Online-Buchungen: www.wuppertaler-buehnen.de