Amüsant und sachkundig, locker, heiter und ironisch

Ewa Lipniacki – „So sind sie, die Polen“

von Johannes Vesper

So sind sie, die Polen
 
Politisch hakt es aktuell mit Polen: Flüchtlingspolitik, Richterbesetzung, Streichung von Lehrerstellen, Reparationsforderungen. Die offizielle Verständigung zwischen Polen und Deutschland kann und muß verbessert werden. Und die Touristen? Im Ferienclub bei Vollversorgung lernt der Tourist wenig über das Land seiner Urlaubsträume. Fettnäpfchen lauern überall. Verstehen wir unsere Nachbarn, die Polen eigentlich? Was wissen wir über sie?
 
In ganz Europa gelten die Polen/Polinnen als gute Restauratoren und Handwerker, als hervorragende Pflegerinnen, als billige Arbeitskräfte im Weinbau, bei Spargel- und Obstanbau. Gibt es einen polnischen Nationalcharakter? Ändert der sich von Region zu Region? Ob die Polen in der ehemals preußischen Provinz Posen tatsächlich gesetzestreuer, fleißiger und sauberer sind? Ob in Kleinpolen um Krakau der Bürokratismus mehr und besser blüht als anderswo? Wohnen in und um Warschau herum tatsächlich vorwiegend schludrige Nichtstuer? Wie steht es mit dem Alkoholkonsum in Polen, der vorwiegend als Wodka oder Wodka mit Grashalm („Zubrowska“) genossen wird. Keine Sorge: Da können die Deutschen mithalten, meint jedenfalls die WHO. Politisch und kulturell hatten es die Polen nicht leicht. Ende des 18. Jahrhunderts dreimal geteilt, überlebte die Gegend um Warschau nach Napoleon und dem Wiener Kongress als „Kongresspolen“ und später als „Weichselland“, bevor nach mehr als 100 Jahren 1918 Polen als Staat international wieder auftauchte. Aber schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts zerrten die europäischen Mächte um Polen. August der Starke von Sachsen konnte sich noch gegen französischen Einfluß als König von Polen inthronisieren, anschließend aber wurde unter französischem Einfluß Stanislaus Leszinsky polnischer König und Schwiegersohn des französischen Königs. Seitdem ist französische Lebensart in Polen „in“, wobei die sparsame „haute cuisine“ sich nicht durchgesetzt hat. Nahrhafte polnische Suppen können auch mit Messer und Gabel verzehrt werden. Das Essen fällt kalorisch und mengenmäßig nie knapp aus trotz bedeutender Impulse auch der italienischen Küche schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit Bona Sforza, keine flüchtige Flatulenz sondern die italienische Gemahlin des Königs Sigismund. Aus Italien kam auch Canaletto, nach dessen alten Stichen aus dem 18. Jahrhundert das zerstörte Warschau wieder aufgebaut wurde. 
 
Polnische Jungs und Männer gelten als gut erzogen und charmant, tüfteln gerne und machen technisch wie zwischenmenschlich alles nur Erdenkliche möglich. Schrottplätze sind Orte großer Faszination für die Polen, aus dem Mangel in kommunistischer Zeit heraus nachvollziehbar. Kombinowanie nennen sie diese Leidenschaft (Keine psychische Erkrankung!). Die Polen glauben nicht an Gott, sie glauben an Maria; und sie glauben vor allem an die rabenschwarze Korruption der Regierung und der Ärzte. Sie glaubten aber nicht, was ihr Papst Johannes Paul II über den Sex gepredigt hat. Verbote ermuntern die Polen. Warum polnische Paare öfter nebeneinander als sich gegenüber sitzen, bleibt unklar. Die niedrige Scheidungsrate in Polen ist wohl weniger Folge der intensiven Verehrung der schwarzen Madonna von Tschenstochau als vielmehr durch fehlenden Wohnraum bedingt. Darunter leiden die Störche nicht. Ein Viertel aller Störche der Welt leben in Polen, jeder vierte Storch ist also Pole. Geschwindigkeitsbeschränkungen im Verkehr müssen eingehalten werden, natürlich auch in Polen. Der Nachrichtensprecher aber im polnischen Fernsehen überschreitet alles und spricht seine Nachrichten affenartig geschwinde. Wahrscheinlich arbeitet er im Akkord und erhält er ein Wort-pro-Zeit-Einkommen.
 
Viele weitere Aspekte werden in dem Bändchen gestreift und Fremdenversteher sind für Europa von ganz besonderer Bedeutung. Xenophobie sollte „out“ sein und schadet. „Reise know how“ hat das erkannt und bietet ihre Bändchen „Die Fremdenversteher“ an. „Ja so sind sie die Polen“: Hier liest man amüsant und sachkundig, locker und heiter, ironisch über unsere östlichen Nachbarn, über ihre Lebensumstände, ihre Psyche, ihre Stärken und Schwächen. Vor einem Besuch Polens hilfreich. Spannend wäre so ein Bändchen auch über die Deutschen.
 
Ewa Lipniacki – „So sind sie, die Polen“
In der Reihe „Die Fremdenversteher“ im Reise Know-How Verlag
© 2017 Verlag Peter Rump GmbH, 108 Seitenm - ISBN 978-3-8317-2870-1
8,90 €
Weitere Informationen: www.reise.know-how.de - Dort sind auch Bände über andere Nationen in gleichem Format erschienen.