Schon wieder King Kong?

„Kong: Skull Island“ von Jordan Vogt-Roberts

von Renate Wagner

Kong: Skull Island
(USA – 2016)

Regie: Jordan Vogt-Roberts
Mit: Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, Brie Larson, John Goodman, John C. Reilly u.a.
 
Schon wieder King Kong? Natürlich wieder King Kong! Der ist doch ein King des Kinos, von Zeit zu Zeit verträgt der überdimensionale Affe ein Revival, zumal die Computertricks ja immer exzentrischer werden. Filmemacher wie Jordan Vogt-Roberts verstehen ihr technisches Handwerk (auch wenn er bisher „nur“ Fernsehen gemacht hat). Ein bißchen dürftig ist, wie so oft, nur das Drehbuch, aber letztendlich wartet man ja nur auf den riesigen Affenkönig (oft genug in voller Figur zu sehen und offenbar ein Weibchen, denn von Genitalien ist keine Rede…).
 
Wie üblich gibt es einen Prolog, dessen Sinn man erst viel später begreift: 1944, Krieg im Südpazifik, erst landet ein amerikanischer Soldat per Fallschirm auf einer wunderschönen, offenbar verlassenen Insel, wenig später ein tut ein japanischer Soldat dasselbe. Die beiden stürzen auf einander los, aber bevor sie dazu kommen, einander in die ewigen Jagdgründe zu schicken, erhebt sich ein haariger Riesenkopf über dem Rand eines Abgrunds… früher Auftritt von King Kong.
Die weitere Handlung spielt dreißig Jahre danach, in den frühen Siebziger Jahren, reine Nostalgie für den heutigen Betrachter, wenn man über das damalige Equipment (seinerzeit das allerneueste) lächelt. Und dann versteht man auch, warum man die Geschichte nicht heute ansiedeln konnte – Computer, Drohnen, King Kong und die Monster auf der Pazifik-Insel wären vermutlich innerhalb weniger Stunden erledigt. Und man braucht sie doch auf der Leinwand. Fantasy in der Mischung von scheinbarer Realität und wildem Ideenreichtum wird sich im Kino vermutlich niemals überleben.
Scheinbare Realität zuerst, indem die siebziger Jahre mit vielen Dokumentaraufnahmen der damaligen Zeit atmosphärisch beschworen werden. Dann kommt Bill Randa (John Goodman hat sich mit gefärbtem Bart verjüngt) mit dem Biologen Brooks (Corey Hawkins muß meist drollig dreinsehen) zu den Politikern und erzählt ihnen etwas von geheimnisvollen Geschöpfen auf „Skull Island“, einer von Wetterwänden abgeschlossenen Insel im Pazifik, die er erforschen will. Die Erlaubnis sich dorthin zu verfügen, gibt es erst, als er auf praktische Dinge (Pflanzen für Medikamente und dergleichen) umschwenkt.
 
Eine Staffel von Hubschraubern, gerade untätig nach dem Vietnam-Krieg, stelle man auch bei: Lt. Colonel Preston Packard ist ein unguter Kerl (Samuel L. Jackson spielt ihn auch schonungslos so) und bereit, alles zu tun, wenn er nur nicht nach Hause muß. Schließlich gesellen sich noch Captain James Conrad, ein abgehalfterter Secret Service-Fachmann für schwierige Unternehmungen dazu (vom Typ her nicht unbedingt Tom Hiddleston, aber…) und mehr oder minder ungefragt eine Fotografin (in Gestalt von Brie Larson, eine unterforderte „Oscar“-Preisträgerin).
Bedenkt man, daß die Herrschaften im Dschungel dann noch Hank Marlow, den überlebenden Amerikaner von 1944, finden (John C. Reilly, unleugbar ein saftiger Komiker-Typ), dann reicht das eigentlich schon für ein Personal, dem man nicht viel zu tun gibt. Denn Kong ist der Held.
Der Riesenaffe macht sich gleich einen Spaß daraus, das runde Dutzend Hubschrauber, die durch die Wetterwand gestoßen sind, mit der Hand wie Vögel oder Minispielzeuge zu fangen und zu zerquetschen, was dann die Anzahl der übrigen militärischen Mitwirkenden reduziert (und jene, die bleiben, gewinnen nur mäßig Profil). Trotzdem soll, und das ist die gedankliche Schwierigkeit des Drehbuchs, Kong „der Gute“ hier sein, der Herrscher der Insel, der sein Territorium verteidigt, der den Stamm der Eingeborenen, die hier leben, vor den wahren Monstern schütze… das sind Riesenspinnen, grausige Wasserschlangen (Kong, von einer umschlungen, die er dann in Stücke reißt und genüßlich mampft, ist ein ziemlich unappetitlicher Anblick).
Aber vor allem das, was in der Originalfassung einfach als „Lizards“ bezeichnet wird, was man aber als drachenartige Riesenechsen schaurigster Natur vorgeführt bekommt, inklusive ihrer Gewohnheit, Menschen mit ihren Riesenzungen zu umwinden und umweglos in die spitzen Riesenmäuler zu stecken. Darauf kommt es hier an: Es ist wieder einmal eine Monstershow der Special Effects, nichts dagegen zu sagen, außer daß der Film darin erstickt.
Und, wie erwähnt, King Kong ist der Gute, was der böse Militär-Macho nicht einsehen und ihn unbedingt killen möchte, während der Brite und die Fotografin als die Sympathieträger des Geschehens dies natürlich unbedingt verhindern wollen. Sie dürfen in der Handlung wenigstens überleben, haben aber wenig zu vermelden: Der Nachspann (wieder im Stil der wackligen Heimkamera-Filme von anno siebziger Jahre) befaßt sich vor allem mit Hank Marlows Heimkehr nach dreißig Jahren, mit einer Gattin, die ihn sofort erkennt und ihm um den Hals fällt, und einem Sohn, der dem fremden Mann die Hand drückt… Also doch noch ein wenig „menschlicher Faktor“ nach so viel Tierischem.
 
Warum Tom Hiddleston, berühmt als „Loki“ in den beiden „Thor“-Filmen und zuletzt wohl auch durch den„Night Manager“-Fernseh-Dreiteiler, sich auf so eine gesichtslose Rolle einläßt, die ihm (der ja wohl kein Abenteuertyp ist) auch nicht wirklich liegt, ist wahrscheinlich leicht zu beantworten: Man muß nehmen, was man bekommt. Ebenso wie Brie Larson, die zwar für ihre Darstellung der eingesperrten Mutter in „Room“ einen „Oscar“ erhielt, aber damit nicht wirklich populär geworden ist. Deshalb darf sie nun, sobald sie auf der Leinwand erscheint, durch eine altmodische Kleinkamera blicken und abdrücken… nicht mehr und nicht weniger.
Aber, was soll’s: Es ist wieder ein King Kong-Film, der Riesenaffe ist da, wir sollen uns ein bißchen fürchten und ihn eigentlich lieb haben, die wahren Monster sind woanders. Das funktioniert, also wird auch der Film die gewünschten Kassen-Ergebnisse zeitigen.
 
 
Renate Wagner