Weihnachts-Standards, knapp daneben

Tina Teubner vermittelt Adventslektionen mit feinem Unsinn

von Martin Hagemeyer

© www.tinateubner.de
Weihnachts-Standards, knapp daneben
 
Tina Teubner vermittelt Adventslektionen mit feinem Unsinn
 
Gleich zu Beginn ein Fauxpas: Frau Teubner korrigieren. So streng wie Tina Teubner in der Wermelskirchener Katt zu erleben war, dürfte sie Kritik nicht einmal zurückweisen, sondern höchstens mitleidig weglächeln. Aber sein muß es doch: „Wer selbstbewußt ist, muß nicht so viel Unsinn reden“ hat sie laut Notizen gesagt an einer Stelle, ziemlich sicher. Dabei wollte man soeben ihr Programm „Stille Nacht bis es kracht“ just damit beschreiben, und zwar lobend: „Selbstbewußt“, hatte man notiert als Merkmal ihrer Show, aber gefolgt vom ebenso wichtigen „Unsinn“. Tolldreist, Frau Teubner: Dabei bleibt's jetzt.
 
Wobei beides natürlich nur auf die Attitüde zielt, mit der die gefeierte Musikkabarettistin ihr Programm präsentiert. Zu loben sind selbstredend auch handfeste Qualitäten, untertänigst: Wie toll sie singt zum Beispiel, die eigenen Lieder, deren Einzelteile sich schön verbinden durch plötzlich ernsten Tonfall. Wie beim nächtlichen „Allein durch die Gassen“, heute saisongemäß changierend zwischen russischem Trübsinn und heiliger Nacht. Begleitet von Ben Süverkrüp am Klavier, der außer einem noch wilderen Melodien-Potpourri klaglos in der zweiten Reihe verharrt, Begleitmusik eben, und manche Spitze seiner Dame geduldig erträgt.
Aber der Unsinn? Unverzichtbar.
 
Es gibt ja heute viel Humoriges zur Weihnachtszeit. So manche Kleinkünstler ätzen da gerne erst maßlos über Pseudoharmonie und volle Weihnachtsmärkte, um sich zum Ende friedlich einzupendeln. Auch Teubner hat eine Empfehlung, pardon: Order fürs Fest der Feste und rät gnädig zu den kleinen Freuden im Leben. So gesehen nicht so anders als all die Revuen, die meist so ähnlich heißen wie „O du schreckliche“ oder „Schlachten unterm Tannenbaum“.
Aber eine wie Teubner setzt halt noch einen drauf. Nein: nicht drauf, sondern schräg daneben. Klagen, wie sie jede Hausfrau kennt? Nur fast. „Ich muß ja doch mitmachen. Backen, verwüsten, dekorieren ...“. Verwüsten? Der immer gleiche Dinnerschmuck ist, wie jeder weiß: „Matjesgestecke. Teewurstengel.“ Ach ja? Auch Erinnerungen an Krippenspiele sind immer beliebt, an die eigene Zwangsteilnahme und daran, daß man nicht Maria oder Josef sein durfte damals, sondern nur der Esel. Teubner sagt lieber: „Carsten Maschmeyer wäre die Myrrhe.“ Was soll das heißen? Nicht ganz klar, aber sehr komisch.
 
All das geht freilich am besten im Schutz der höflichen Arroganz. „Ich finde das schön, wie Sie das hier aushalten auf dem Land.“ So selbstgewiß gibt es dann auch mal ganz unironische Buchtipps zum Fest (Christoph Meckel und andere), trotz angeblicher Warnungen, das könne sie ja nun nicht machen: „Sie sehen doch, daß es geht.“ Auf eine Pointe wartet man da vergeblich, denn zu den Tips hat die Meisterin offenbar einfach grad Lust. Und im Verein mit Süverkrüp wird das Publikum mit verwirrendem Spiel auch schon mal zu einem verfrühten Applaus provoziert, um dann den Rüffel zu ernten: „Manche Leute unterbrechen gerne.“
 
Wie fein das alles inszeniert ist, ahnt man, wenn unerwartet der treue Mann am Klavier auch das Wort erhebt: Was beginnt als spontanes Zitieren nerviger Weihnachtspost, mündet in eine zweistimmige Litanei zweier bestens Eingespielter. Auch hier, wen wundert's, nicht ohne den kleinen Quatsch im Salbader einer prahlenden Cousine: „Über die Leistungen unseres Sohnes gibt es nur Gutes zu berichten, besonders in Deutsch, Mathematik, Biologie, Geschichte, Kunst, Sport, Chinesisch.“ Und überhaupt: Früher war alles aus Nuß.