Bestsellerfressen

„Und immer wieder aufstehen!“ von Jürgen Höller

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Höller, Höller, Höller!
 
„Und immer wieder aufstehen!“
von Jürgen Höller
 
 
Kritische, aufgeklärte & clevere Mitbürger wie Sie, meine Damen und Herren, werden ihn wohl sehr wahrscheinlich wieder mal nicht kennen, diesen Jürgen Höller, Deutschlands bekanntesten „Motivationspapst“ und Ganzjahres-Irren, den erfolgreichsten Selbstverscheißerungs-Profi und wilden „Tschaka-tschaka“-Mann, der im Laufe seines wilden „Tschaka-tschaka“-Lebens es locker geschafft hat, Zehntausende von Managern, die es nicht anders verdient hatten, über alberne Glasscherben, heiße Kohlen und ihre eigenen dämlichen Schatten hopsen zu lassen.
Und weil ich nicht in den Geruch geraten möchte, falsches Zeugnis wider den Höller zu geben, lasse ich den neuerdings auch staatl. anerkannten Volltrottel Jürgen Höller lieber selber sprechen:
„Ich hatte als Kind und Jugendlicher keinerlei erkennbare Talente. Ich war unmusikalisch, künstlerisch eine Niete, handwerklich unbegabt und in allen Sportarten eine Pfeife.“
Wie gesagt: Sagt er alles selber!
„Wenn es im Turnunterricht darum ging, zwei Mannschaften für ein Ballspiel zu bilden (für ein Ballspiel zu bilden!! Da weiß man jetzt schon, was da kommt!) – wer blieb übrig, weil ihn keiner in der Mannschaft haben wollte? Ich.“ Höller!
„Wenn es darum ging, daß die ‚Cracks’ der Klasse mal ein­fach so zur Demonstration ihrer Kraft jemanden verkloppen wollten – wen suchten sie sich aus? Mich!“ Mensch Höller!
Höller, Höller, Höller, Höller!

Na, na, meine Damen und Herren, nicht, daß Sie jetzt Mitleid mit dieser Type kriegen! Ich tippe mal, daß der damals sogar noch viel zu selten die Jacke voll gekriegt hat. Das Dumme ist nur – das überblickt man als junger Mensch in dem Alter noch nicht so ganz: nervensägende Klassen­kameraden in der kleinen Pause mal eben so zusammenzufalten, ist pädagogisch gesehen kontraproduktiv. Denn daraus folgt zwangsläufig wie das Amen in der Hölle, daß Herr Höller direkt danach hier schreiben konnte:
„Und so entwickelte ich eine Stärke, die von der körperlichen Größe, Kraft und Begabung unabhängig ist: Die Fähigkeit zu reden!“ Däh!
Und dann is natürlich alles zu spät. Da kamma imma hinterher schön sagen: ‚Hey, dat hamma aba nich gewollt!’ Aber et nützt ja nix!
Doch wie sieht’s heute bei ihm aus, beruflich und privat, im Imperium Höller, beim wilden „Tschaka-tschaka“-Mann?
Nun, in den letzten drei Jahren war der Jürgen ganz unten. Ein kluger Staatsanwalt hatte ihn nämlich für gute 3 Jahre rechtskräftig aus’m Motivations-Verkehr gezogen wegen „Untreue, Falsch-Eid und betrügerischem Bankrott in mehrstelliger Millionenhöhe.“
Tschaka! Tschaka!
Und was machte nun so einer den lieben, langen Tag im Kittchen?
Nun, in 1. Linie hatte er hier im Knast die gar nicht hoch genug einzu­schätzende Möglichkeit, vor allem sich selbst mal ordentlich auf den Sack zu gehen; dann korrespondierte er sich um den letzten Verstand mit großkulturellen Kleinkriminellen vom Schlage „Guildo Horn, Joey Kelly und Wolfgang Joop“, durch die Bank alles Figuren, bei denen man sich wundert, wieso da noch niemand eine Zusammenlegung gefordert hat.
Aber sein masterpiece besitzt andere Dimensionen! Kiloweise Knast­papier hat er da vollgemeiert, um dann diesen Kassiber hier rauszu­schmuggeln:
„Plötzlich klingelte es an der Haustür. Es war Punkt 12 Uhr. Janka, unser Aupairmädchen, öffnete und kam ins Wohn­zimmer. ‚Da sind wieder diese zwei Herren, die schon einmal da waren.’ Ich war überrascht und ging zur Eingangstür. Der Kriminalkommissar schaute mich mit einem mitfühlenden Gesicht an. (War das echt oder nur Fassade?)‚ Herr Höller, es ist so weit, wir haben einen Haftbefehl, wir müssen Sie mitnehmen!’ Ich blickte ihn fassungslos an ... und fühlte mich so, als sei ich soeben mit Tempo 250 frontal gegen eine Betonmauer gefahren.“
Hm. Meine Damen und Herren, wie fühlt man sich, wenn man „soeben mit Tempo 250 frontal gegen eine Betonmauer gefahren ist“? Gerädert? Verwirrt? Bematscht? Dummi wie ein Dummy? Oder plamm-plamm wie ein Möllemann? Oder wie ein ganz normaler Vertreter für Quacksalbe?
Äh, „Immer wieder aufstehen“, liebe Leser, will uns natürlich logischer­weise nicht im Einzelnen erklären, wie man sich fühlt, wenn-man-soeben-mit-Tempo-250-frontal-gegen-eine-Betonmauer gebrettert is. Ich glaube, „Immer wieder aufstehen“ könnte das auch gar nicht. Nee, „Immer wieder aufstehen“ ist, psychologisch gesprochen, nur die banale, ewige Wieder­kehr der immergleichen Höller-Banane, die zwischen zwei Buchdeckel versteckte logische Konsequenz einer nicht behandelten psychischen Mega-Meise in Sachen ‚Leute totquatschen’.
Und obendrein noch ist „Immer wieder aufstehen“ praktisch identisch mit Höllers ersten Millionen-Seller, dem Autosuggestions-Hammer „Alles ist möglich“, d.h.: Tschaka, tschaka! Man darf sich wieder über folgende Sätze freuen:
„Ich bin ein Gewinner!“ Tschaka!
Na, Sie müssen schon n bißchen mitmachen.
„Ich bin begeistert!“ Tschaka!
„Ich bin der Beste!“ Tschaka, tschaka!
Nee, jetzt 2 mal tschaka, tschaka!
„Wir schaffen das!“ Tschka, tschaka!
„Es geht mir von Tag zu Tag und in jeder Hinsicht immer besser und besser und besser!“
Und Tschaka und tschaka und tschaka!

In der überschaubaren, kleinen Welt einer JVA, meine Damen und Herren, spricht sich die Anwesenheit einer Type wie Jürgen Höller natürlich tschaka-tschaka-mäßig ziemlich schnell rum, und so entsprach die Anstaltsleitung auch im Affenzahn Höllers dringendem Wunsch nach einem Einzelzimmer. Wobei der Jürgen es sich seitdem auch nicht nehmen ließ, seine hoch­motivierten Gefängnisbrüder beim täglichen Hofgang mit Johannes Rau-Sprüchen zuzutexten, mit subversiven Sprengsätzen wie diesem:
„Lachen und Spaß sind die Nahrung der Seele.“
Oder er gab ihnen solche Kaliber mit auf den Rundweg:
„Wenn man Probleme hat oder sich sogar in einer ausge­wachsenen Krise befindet, nutzt es nichts, so weiterzu­machen wie bisher.“
Der alte Motivationsschlingel Jürgen Höller meint damit natürlich nicht, bei Hofe stundenlang im Kreis rumzulaufen! Nein, der meint das anders:
„Die Dakota-Indianer haben hierfür ein sehr gutes Sprichwort: Wenn das Pferd tot ist – steig ab!“

Meine Damen und Herren!
Nach alledem könnte man nun fragen: Wat soll der ganze Quatsch?
Und da trifft es sich gut, daß Herr Höller am Schluß auch darauf eine Antwort hat:
„Mein innigster Wunsch ist, daß ich dir helfen kann, nicht die gleichen Fehler zu machen, wie ich sie gemacht habe, und aus meinen Erfahrungen zu lernen. Und wenn ich dir mit die­sem Buch helfen konnte, dann bitte ich dich darum, auch mir zu helfen:
Empfehle (oder wenn du es dir leisten kannst: schenke!) fünf Menschen dieses Buch. Wenn sich jeder Leser an diesem Prinzip beteiligt, wird es sich schnellstens ausbreiten.“

Irgendwie hab ich den Eindruck, Gefängnis ist für diesen Typen auch nicht die richtige Methode.
Es lebe der
... Dakota
... Indianer
... und sein totes Hotte Hü !

Jul. 2003