Kann denn Liebe Sünde sein?

Industriemuseum in Lage zeigt ab morgen die Ausstellung "liebe.komm - Botschaften des Herzens"

von Andreas Rehnolt

Foto: Veranstalter
Kann denn Liebe Sünde sein?

Industriemuseum in Lage zeigt ab Sonntag die Ausstellung "liebe.komm - Botschaften des Herzens"

Hattingen - Unter dem Titel "liebe.komm - Botschaften des Herzens" zeigt das Industriemuseum in Lage ab morgen, Sonntag, 10.2.2008 zahlreiche Exponate der Liebessehnsucht. Bei der bis zum 18. Mai laufenden Schau geht es laut Museumsdirektor Willi Kuhlke "immer um die gleiche Botschaft". Nur die Wege, die "diese Botschaften des Herzens" nehmen, hätten sich teilweise dramatisch verändert, so Kuhlke bei der Eröffnung der Ausstellung. Sie geht vor allem der Frage nach, wie sich in den vergangenen 250 Jahren Menschen ihre Liebe zueinander vermittelt haben.

Ob "Mausilein" und "Schnurzelputz", "Augenstern" oder "Herzbärchen" - Liebende sprechen ihre eigene Sprache, betonte der Museumschef. Egal ob das Wort Liebe gesagt, geschrieben, gemailt, gezeichnet, gesungen, gespielt oder nur gewünscht wird, es versprühe einen Zauber, den Menschen zwischen 17 und 90 vermutlich ihr Leben lang empfinden möchten, meinte eine Besucherin zum Start. Museumschef Kuhlke findet den Ausstellunsort zum Thema in einem Ziegeleimuseum durchaus für angemessen.
"Das paßt zusammen", meint Kuhlke. Die lippischen Ziegler zogen nach seinen Worten im Führjahr zu Tausenden in die Fremde, um dort bis zum Herbst zu arbeiten. Zurück ließen Sie ihre Familie. Nur mittels Briefen hielten Sie Kontakt zu ihren Frauen und Kindern. Besuche schlossen sich durch die großen Entfernungen zumeist aus. Aber auch in der Fremde schlossen die lippischen Zigeler manche zarte Bande, hieß es zum Ausstellungsstart. Beliebt waren Sie bei der einheimischen männlichen Jugend deshalb sicher nicht, vermutet Kuhlke.
Egal, ob von Angesicht zu Angesicht oder über Medien aller Art - mit viel Phantasie und Leidenschaft versuchen Liebende bis heute auf verschiedene Weise ihre Gefühle in eine mitteilbare Form zu bringen, so die Macher der Schau. Diese Versuche verfolgt die Ausstellung, indem sie die verschiedenen Phasen im Ablauf einer Liebesbeziehung vom ersten Kennenlernen bis hin zum Beziehungsalltag samt der Beziehungskrise in sieben Szenen nachzeichnet.

Liebesgott Amor und unendlich viele Liebesbriefe

Zu Beginn der Ausstellung begrüßt Liebesgott Amor den Besucher. Getroffen von seinem Pfeil


The Kiss  - Archiv Musenblätter
beginnt die Liebe und läßt zugleich spüren, daß zur ihr oft auch der Schmerz gehört. Ob in "Romeo und Julia" oder in Groschenromanen sind der Liebe unzählige Texte gewidmet. Die Schau präsentiert zahlreiche herzförmige Liebesgaben, erste in Deutschland um 1738 erschienene Kontaktanzeigen, 250 Jahre alte Ratgeber zum Verfassen von Liebesbriefen sowie Tischtelefone, wie sie in bestimmten (nicht nur) Pariser Cafes im 20. Jahrhundert üblich waren, um diskret Kontakt aufzunehmen. Heutzutage muß sich der Kontaktsuchende zum Flirten nicht einmal mehr aus dem Haus bewegen. Per Chat im Internet läßt sich das vom heimischen Computer aus erledigen. Besucher der Ausstellung können ihre ganz eigene Kontaktanzeige einem Nachbau der Eutiner Bräutigamseiche anvertrauen und hoffen, daß der oder die Richtige vorbeikommt und sie liest.

Prominente Liebesbriefe wie der von Johann Wolfgang von Goethe an die verheiratete Charlotte von Stein zeigen, wie man wirbt und sich zugleich über die eigenen Gefühle klar zu werden versucht. Und der Brief einer Martha an ihren Partner Heinz handelt von der allzu banalen Frage, wer nun wann und warum böse auf den anderen ist. Und die heute so beliebten SMS lassen Gefühlskommunikation über große oder kleine Distanzen quasi in Echtzeit erfolgen. Auch Freundschaftsbändchen, Tattoos oder Verlobungsanzeigen sind in der Ausstellung in Hattingen zu sehen. Ebenso wie ein Hochzeitsalbum mit Ankündigungen, Einladungen, Gratulations-Telegrammen einschließlich der Rechnung der Feier zeigt, was im Jahr 1904 alles mit einer Eheschließung verbunden war.

Zusammenschnitte von unzähligen privaten Hochzeitsvideos sind ebenso zu sehen, wie angeblich schönste Filmliebesszenen aus "Bettgeflüster" mit Doris Day oder "Cyrano de Bergerac" mit Gerard Depardieu. Kodierte Postkarten aus der Zeit um 1900 vermitteln einen Eindruck, wie ein Liebespaar trotz dieses öffentlichen Mediums eine sehr intime Verständigung pflegen konnte. Liebeskrisen werden dokumentiert: mit Reue- oder Bekennerschreiben über einen Seitensprung bis hin zu tränendurchweichten Abschieds- und Häufchen zerrissener Liebesbriefe  - und sogar Scheidungsurteile. Insgesamt zeigt die Schau, die nach "dem Ablauf einer idealtypischen Liebesbeziehung" gegliedert ist, gut 350 Exponate. Sie überläßt es der Phantasie des Besuchers, was nach dem Wechselbad der Gefühle folgt.

Weitere Informationen unter: www.lwl.org

Redaktion: Frank Becker