„Bier in Bayern“

Landesausstellung im Kloster Aldersbach

von Theo Reisner

Foto © Theo Reisner

Klärung aller Trübheiten rund um das Reinheitsgebot:
auf der Landesausstellung „Bier in Bayern“ im Kloster Aldersbach
 
Im ehemaligen Zisterzienser-Stift Aldersbach nahe Passau wird seit 1268 Bier gebraut und für die Landesausstellung „Bier“ bis Ende Oktober dürfen es auch zwei neue Biersorten nach historischem Rezept sein. Als Veranstaltungsort ist das ehemalige Kloster mit seiner Asam-Barockkirche bestens geeignet. Bier und Barock vertragen sich erkennbar gut - ein geschmackvoll herausgeputztes, vollständig restauriertes Ensemble mit seiner Marienkirche, gestaltet von den Gebrüdern Asam. Der bauführende Abt wurde seinerzeit wegen „Verschwendungssucht“ abgesetzt - zum Glück war dann schon alles fertig, jedenfalls aus heutiger Sicht. Neben der historischen Brauerei brodelt es nun mit Hilfe modernster Technik, damit es von Mai bis Oktober niemanden dürstet.


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Bei den Eröffnungs-Feierlichkeiten Ende April weiß Dr. Richard Loibl als Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte in München, daß der Erfolg bayerischer Biere weniger dem Reinheitsgebot von 1516 zu verdanken ist als dem Entschluß der drei führenden Brauer-Familien in München, auf Weltausstellungen, Schiffe und auf große Volksfeste rund um die Welt zu fahren, um den bis heute bewahrten Weltruhm von Bayern als Quelle hervorragenden Gebräues zu begründen - was sich ganz nebenbei erheblich auf die Entwicklung des Tourismus hierzulande ausgewirkt hat. Deshalb darf Horst Seehofer zum Start der Landesausstellung eine Miniatur-Eisenbahn starten und ein frisches Bier dazu trinken. Seine Rede ist dann von technischen Innovationen wie der Erfindung einer „Kältemaschine“ im Jahr 1876 durch Carl von Linde. Immerhin stammte zu Beginn des 20. Jahrhunderts jedes zehnte weltweit konsumierte Bier aus Bayern - das waren noch Zeiten ... und es hatte viel mit der „richtigen“ Eisenbahn zu tun, die erstmals einen sicheren Transport über weite Strecken ermöglichte. Weil Herr Seehofer der Ministerpräsident aller Bayern ist, fehlt nicht der Hinweis auf Reinheitsgebote z.B. in Bamberg, Landshut oder Regensburg, die allesamt vor dem Jahr 1516 datiert sind, aber niemals nationale sowie ab dem 19. Jahrhundert auch internationale Bedeutung erlangten.  


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Beim Rundgang (zwei Stunden sind ideal) ist via Live-Übertragung erkennbar, was sich gerade in Sudpfanne und Schrotmühle abspielt, ebenso heiß ist die Geschichte von brennenden Brauereien wegen “ungerechtfertigter“ Preiserhöhungen. Das Modell einer altdeutschen Brauerei zeigt ein Sudhaus im Maßstab 1:25 mit den Arbeitsabläufen aus Zeiten ohne viel technischen Support. Eine Ausnüchterungszelle im Maßstab 1:1 haben die allermeisten Besucher zum Glück noch nie gesehen. Die Beschäftigung mit einer nachgebauten Alkoholiker-Leber wirkt genauso dursthemmend wie das „Münchner Bierherz“, ein durch rund 10 Maß Bier täglich auf das doppelte Volumen angeschwollenes Säuferherz. Und ein bayerischer Brauer war sich auch nicht zu schade, in England mit einem umgebauten Spazierstock heimlich Proben aus Bierfässern zu entnehmen – vorsorgliche Marktbeobachtung sozusagen. Die Kabarettistin Luise Kinseher ist als Bavaria in der Rolle einer Kellnerin per Video zu sehen, daneben Hörstationen, Podcasts und historische Filmausschnitte. Viele Infotafeln bieten allerlei Hintergründiges, wie z.B. die enorme Wirkung des Reinheitsgebotes auf die Seuchenbekämpfung - es führte sogar im Vergleich zum damals handelsüblichen Wasser zu einem besonders gesunden Getränk, vom Alkoholgehalt mal abgesehen.
Vor 500 Jahren verschwanden durch den Erlaß der bayerischen Herzöge Wilhelm V und Ludwig X Zutaten wie Russ, Kreide, Pech und Ochsengalle aus dem Bier (die Original-Urkunde ist vor Ort). Erlaubt waren ab 23. April 1516 nur Hopfen, Gerste/Malz und Wasser (die Hefe kam später dazu) - ab 1906 flächendeckend im ganzen Reichsgebiet. Erfinderisch waren die Bayern auch beim Umsatz-belebenden Rahmen: Festzelt-ähnliche so genannte Bierpaläste wurden bis nach Chikago exportiert und die Biergarten-Kultur gilt ebenfalls als bayerische „Erfindung“.
Auch bei der Entwicklung vom stärker gehopften Pils war ein Bayer maßgeblich beteiligt. Joseph Groll aus Vilshofen arbeitete ein paar Jahre im tschechischen Pilsen und wußte von der Bedeutung des besonders weichen Wassers bei den Nachbarn. Fehlt nur noch das „Weizen“: Sein Auftauchen in der bayerischen Bier-Historie ist der Tatsache geschuldet, daß Kurfürst Maximilian I eine veritable Staatspleite nur mit den Steuereinnahmen des obergärigen Weißbieres überstehen konnte, gemeinsam mit den Erlösen aus dem Salz-Monopol. Damit war die sorgfältige Behandlung (auch) dieser bayerischen Spezialität gesichert und das ist ja eigentlich bis heute so ...

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Informationen:
Landesausstellung Bier im Kloster Aldersbach (Passauer Land):
 29.4. – 30.10., 9-18 h
Eintritt € 10, div. Ermäßigungen, Führungen (empfohlen) € 4, Umfangreiches Veranstaltungsprogramm wie z.B. das Bierwood-Festival, die BR-Radeltour, oder die ProBierBar mit 40 verschiedenen Biersorten.
www.landesausstellung-bier.de , Tel. 0821-3295-0.
In/rund um Aldersbach für PKWs gut ausgeschildert, Parkplätze 300-900 m vom Kloster entfernt, Shuttle per „Bier-Express“. Mit der Bahn bis Vilshofen u.a. von München oder Passau, dann Busse zur Landesausstellung 12x täglich je Richtung.
 
Von Theo Reisner