Die Neunte auf dem Akkordeon

Ein pasticcio musicale

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Pasticcio musicale
 
Hallo und einen schönen guten Morgen allerseits, na? Gut geschlafen? Ja? Das freut natürlich Ihren Konrad Beikircher, der Sie heute ganz besonders herzlich, wieder zum pasticcio musicale begrüßt, diesmal mit einem Blick auf unseren verehrten Ludwig van Beethoven, der ja vor etwa 245 Jahren geboren wurde. Nix Genaues weiß man nicht. Neulich haste ich durch Bonns Innenstadt und vorbei an einem Akkordeonspieler, der sich vor einem schönen Beethovenbild an der Straße hingehockt hat und auf seinem Akkordeon die Neunte spielt! Und ich sage Ihnen: gar nicht mal so schlecht. Der Hammer aber ist das Beethovenbild, denn da sieht man vor dem spielenden Akkordeonisten unseren Heiligen Ludwig in Bonn auf einem Hocker vor dem Marktbrunnen auf dem Bonner Marktplatz sitzen, vor sich einen Teller für die Münzen, welche die Passanten reinwerfen sollen, und vor der Brust ein Akkordeon, auf dem er aus Leibeskräften spielt. Der Gag ist: dieser Brunnen wurde 1770 von Bonner Bürgern gebaut, das ist Beethovens Geburtsjahr, und dem Kurfürsten Clemens August gewidmet. Beethoven also kannte den Brunnen, hat als Kind davor gespielt, er hat ja da um die Ecke gewohnt, und hätte er ein Akkordeon gehabt, wer weiß, ob er sich nicht den ein oder anderen Gulden, Taler oder eben auch nur Heller so verdient hätte. Weil das so witzig ist und nicht eines feinen historischen Atems entbehrt, sage ich auch, wer das Bild gemalt hat: das ist der Andreas Trautwein (auch das ein schöner alter Namen, oder?!) aus Sankt Augustin bei Bonn und der hat auch Akkordeon gespielt. Die Neunte! Zum Auftakt vom Beethovenfest. Wer so einen Humor hat ist ganz bestimmt auch Mitglied in der Original-Beethoven-Karnevals-Gesellschaft, nämlich der „Freunde schöner Götter-Funken e.V.“. Die gibt es zwar nur virtuell, dafür aber umso heftiger in den Köpfen aller Beethoven-Freunde mit Humor existierend!
 
Aber wo wir gerade von Beethoven sprechen, möchte ich Ihnen aus den wunderbaren Aufzeichnungen des Bonner Bäckermeisters Gottfried Fischer was vorlesen. Er war zehn Jahre älter als Ludwig van Beethoven und war sein Jugendfreund, denn die Beethovens wohnten viele Jahre im Haus des Bäckermeisters Fischer in der Rheingasse in Bonn. 1845 bot er den Herren, die sich um das Denkmal in Bonn kümmerten, an, seine Erinnerungen aufzuschreiben und daraus ist ein köstliches Buch geworden, das es im Beethoven-Haus Bonn zu kaufen gibt: „Familie Beethoven im kurfürstlichen Bonn“. Sorgfältigste Forschungen haben ergeben, daß das, was uns der Bäckermeister Fischer überliefert, zwar in einfacher Sprache gehaltene Erinnerungen sind, daß man ihnen aber glauben kann, denn er hat sehr sorgfältig darauf geachtet, keinen Blödsinn zu schreiben. Und für Geschichtsklitterungen, wie wir sie von Anton Schindler kennen, dem Faktotum Beethovens am Ende seines Lebens, war der naive Gottfried Fischer einfach zu schlicht. Die Frage ist: war Beethoven in seiner Kindheit ein Eierdieb, ja oder nein? Und hier ist die Antwort aus diesen Aufzeichnungen, von mir ein bißchen ins heutige deutsch frisiert:
„Die Hausfrau Fischer – also dem Gottfried sing Mutter – hatte in der Zeit Hühner. Sie beklagte sich, sagte, ich füttere gut, bekomme sonst viele Eier und jetzt so wenige, sie hat  aufpassen lassen, konnte keinen finden, bis sie zufälligerweise, als sie an nichts dachte, auf den Hof kommt und sieht, daß sich Ludwig van Beethoven am Gatter in das Hühnerhaus einschleicht. Frau Fischer sagte: Ha! Ha! Ludwig was machst du da, er sagt, mein Bruder Caspar hat mir mein Taschentuch da reingeworfen, das wollt ich wieder herausholen. Frau Fischer sagt: Ja! Ja! Das mag wohl der Grund sein, daß ich so wenig Eier bekomme. Ludwig sagt, o, Frau Fischer, die Hühner verlegen oft die Eier, wenn sie sie dann mal wiederfinden, dann freuen sie sich um so mehr. Es gebe aber auch Füchse, wie man sagt, die holen auch die Eier. Frau Fischer sagt, ich glaube, du bist auch eine von den schlauen Fückx, was wird aus dir noch werden? Ludwig sagt, o, das weiß der Himmel, nach Ihrer Aussage bin ich noch bis dato ein NotenFuchs.
Da sagt Frau Fischer: Ja, auch ein EierFuchs. Da liefen die beiden wie die Schelmen fort und lachten, Frau Fischer mußte auch mit lachen und konnte sie als Bubenstreich weiter nicht mehr beschuldigen“.

So ein Beethoven ist eben auch nur ein Mensch.

In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher

Redaktion: Frank Becker