Bestsellerfressen

„Älter werde ich später“ von Iris Berben

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Und eine Nervensäge
bin ich heute schon
 
„Älter werde ich später“
von Iris Berben
 
Meine Damen!
Man kann nicht grad behaupten, daß es sich bei der folgenden Verbal­bulimie um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt. Das Buch ist nur so überflüssig wie ne Warze. Und deshalb mußte es auch be­sprochen werden. Es ist dadurch nur nicht weggegangen. Egal.
Kein Mensch hat was gegen schöne Frauen. (Nicht mal Walter Mixa.) Problematisch wird’s nur meistens, wenn sie den Mund aufmachen, zum Griffel greifen und Iris Berben heißen. Und Iris Berben gehört hier zu den national, wenn sogar interplanetar renommierten pathologischen Fällen. Für ihre Filmtexte kann sie ja nix! Und für ihr Aussehen au‘ nich‘ – das ist halt ihr Job. Nein, die Rede ist von ihrem Riesenbüchlein mit dem Titel „Älter werde ich später“, einem Titel, bei dem man geneigt ist hinzuzufügen: „... und eine unterirdische Nervensäge aber heute schon!“
Als Feminist der 1. Stunde weiß ich natürlich Bescheid über die Unbill des menschenverachtenden Weiblichkeitswahnes, ja, des ubiquitären Weiblichkeitsterrors dieser miesen, menschenverachtenden miesen Macho-Gesellschaft. Hach, ich leide ja selber darunter! Nur, wenn eine Iris Berben Lichtjahre, ja, Jahrhunderte hinter solch vollfett verlogene Frauendarsteller wie Uschi Glas, Hera Lind oder Reinhard Kardinal Marx zurückfällt, ja, was soll man denn dann als alter Frauenversteher dazu sagen? Vielleicht: ‚Gute Frau, haltense einfach mal den Rand!‘? Nein! Zwecklos! Nasse Betriebsnudel bleibt nasse Betriebsnudel, und Schweigen is‘ für eine Iris Berben nicht drin. Also, talk, talk, talk:
„Wie alle Menschen wünsche ich mir, irgendwann unverhofft und ohne Schmerzen zu sterben.“
Däh! Und ich hatte immer gedacht: Wenigstens in dem Punkt würde se sich n bißchen von andern unterscheiden! Nun ja, et is ja auch ein frommer Wunsch, der in Ordnung geht bzw. in Ordnung gehen sollte – für jeden und gegen alle. Aber sie will vorher noch die Welt ein wenig malträtieren mit Lobpreisungen ihres Hohlkörpers und Seligsprechung sanften Visagenliftings. Hier hammer die janze Palette von „Feeling“ bis „Peeling“, von „Püderchen“ hier und bis „Püderchen“ da, „Gesichtsentspannung“ und Hirnentleerung, „Antioxidanzien“ und „Schleifpartikel gegen tote Schüppchen, Schwachstrom, um die Haut zu glätten“ und „Volldampf aus dem Vapozon“, „Besenreißen“, „Nasenmasken“, „Schwangerschaftsstreifen“ am Horizont, „Lachen, Lachen, Lachen“ und „viel, viel, viel Feuchtigkeit“, Radebrechen aus’m Bauch heraus und „Anti-Aging“ von morgens bis zum nächsten Morgen. Und Einparken kann se wahr­scheinlich auch nich. Also: Die riesengroße Berben-Biographie, auf die wir alle so sehnlichst gewartet haben. Und so woll’n wa ma richtig ran an den Speck!
„Thema: Unterspritzen der Lachfältchen! Eigenfett oder Kollagen von BSE-freien Rindern wird mit feinen Kanülen direkt unter die Falten injiziert.“
Okay, manche afrikanischen Ureinwohner hauen sich extra Kerben ins Gesicht. Corriger la fortune, wie der Franzose zu sagen pflegt. Öfter mal was Neues! Warum auch nicht?
Doch den Verdacht, daß der Visagist von Iris Berben das ganze Zeugs eventuell zu tief in ihr kleines Köpfchen kanült hat, den wird man bei der Lektüre irgendwie nie ganz los:
„Zu meinem Kummer stelle ich in der letzten Zeit an mir fest, daß ich einen leichten Hang zum Doppelkinn habe.“
Na, komm, noch ein halbes Pfund BSE-freies Rind ins Hirn – wegen mir auch halb und halb – dann kannse auch bald wieder „Sketch up“ drehen und problemlos dumme Nüsse mimen, ohne die ach so empfindliche Schauspielerhaut strapazieren zu müssen. Denn Komik kommt bekannt­lich ja von innen. Egal.
„In der Schule galt ich als frech und undiszipliniert – ich hatte einfach zu viele eigene Ideen.“
Gut, das kann man jetzt nach so langer Zeit nicht mehr so genau nach­prüfen. Mag ja alles sein. Nur wie läßt es sich dann erklären, daß der ganze geliftete Schinken von Frau Berben zu 80% nur aus ganzseitigen Photos besteht, auf denen sie einzig und allein als aufdringlicher Ganz­tagslachsack durchs Bild gewackelt ist, und der Rest restlos aus der Feder von 2 hochpotenten Angestellten des Mosaik-Verlages stammt! Wenn man mal von den Aufsätzen absieht, die zusätzlich noch ihre „Kosmetikerin“, ihr „Zahnarzt“ und der „Hormonspezialist von Frau Berben“ da reingebuttert haben. Und – man glaubt es kaum – ihr „Friseur“ war auch so frei.
Und das tiefschürfende Kapitel über bewußtseinstrübende Drogen und ihre exorbitante, wilde 68er Zeit hat ihr wahrscheinlich Heidi Kabel in die Maschine diktiert. Oder Guido Westerwelle. Oder irgendso ’ne durchge­leuchtete Lama-Mütze vom Dach der Welt:
„Lange Jahre meinte ich, nur mit Schlaftabletten zur Ruhe zu kommen. Heute achte ich darauf, gleichmäßig und tief zu atmen. Oooooh Oder ich lese mich in den Schlaf. Manchmal bin ich fast dankbar für ein paar schlaflose Stunden, um von den vielen Büchern, die ich mir immerzu kaufe, mal wieder ein paar Seiten lesen zu können.“
... jaaah, in den Schlaf lesen
... mit paar Seiten
... von den vielen Büchern
... die sie sich immerzu kaufen tut
... um keinen Doppelkopp zu kriegen
... trotz dummem Hang zum Doppelkinn
... mein Gott!
Taff, taff, taff, die Frau!
Und das alles kurz vor ihrem ... ach, lassen se mich raten ... 70sten!
Kollagen im Kopp, und alles wird gut.

Mär. 2002