Bestsellerfressen

„Die Autobiographie“ - von Rüdiger Nehberg

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Der Mutmacher

„Die Autobiographie“
von Rüdiger Nehberg
 
 
Meine Damen und Herren!
Der Mann hat in seinem Leben schon so einiges gemacht. Er hat kleine Brötchen gebacken, Torten geschleppt, Würmer gelutscht und Raupen gekaut; Ratten gebraten und Fische gefischt, 'n Baumhaus gebaut und Bienen beklaut ... und plattgefahrene Frösche vonner Straße gekratzt - gekocht, verputzt und locker verdaut. Er ist zu Fuß von Hamburg nach Obersdorf geeiert, im mundgeblasenen Gummiboot über'n großen Teich gegondelt und wochenlang nur mit'm Messer durch'n nassen Regenwald gedengelt, hat sich von Riesenschlangen würgen lassen und ... is wohl mehr als einmal vom wilden Affen gebissen worden.
Für ihn ist Richard Weizsäcker ein Philosoph und Horst Köhler ein unkonventioneller Geradling“, was immer so'n Geradling auch sein soll, und dass er nicht alle Tassen beisammen hat, sagt er von sich selber. Ach, und Udo Lindenberg, ey, der hat mal ’n echt geilen Survival- Song auf ihn gezwitschert. Ja, er ist nicht nur ein Ko-, sondern auch ein Witzbold, der sich deshalb auch „Mister Sir Vival“ nennt. Ho, ho, ho!
So weit, so Rüdiger.
Nee, halt stop! Ich hab’ doch noch was vergessen: Rüdiger ist näm­lich „Deutschlands bekanntester Menschenrecht­ler“! Ja, wegen der Yanomamimamis im Amazonas. Weil er doch den Genozid an den Yanomamimamis im Amazonas verhindert hat.
Nun, der eine lutscht halt Regenwürmer, der andere rettet Yanomamis. Und der Rüdiger tut eben beides. Nebenbei: Jeder sollte in seinem Leben mal ’nen Genozid verhindert haben. Oder ’ner alten Oma über de Straße geholfen.
Am meisten aber – so schätz ich ihn ein – möchte er Jugendlichen Mut machen! Rüdiger meint im Vorwort:
„Meine Autobiographie ist durchaus mehr als nur eine Auf­zählung vergangener Episoden. Ich möchte mit diesem Buch auch Jugendlichen Mut machen.“ Na, wat hab’ ich gesagt?
Und so ist es auch, liebe Leser! Würmer, Maden und Heuschrecken er­schrecken oder umme Wette mit Aborigines durch aboriginal australische Wüstensteppen steppen ... letztendes ist das alles Pippifax. Es kommt drauf an, Jugendlichen Mut zu machen! Und auf die Haltung!
Und Rüdigers Haltung ist extrem. Sehr extrem. Und nicht nur extrem rüdiger, sondern auch extrem gottlos. Um nicht zu sagen: erschreckend gottlos. Für mich alten Gottlosen fast schon satanisch gottlos! Rüdiger sagt:
„Die kirchliche Mär vom Leben in Himmel und Hölle hat bei mir nie verfangen.“
Ho! Mein lieber Schwan! Da brennt aber der Beichtstuhl, und der Pfarrer tanzt den Chachacha! Yeah!
„Verantwortungsbewußte Bakterien werden mich auflösen und kompostieren!“
Yippieh! Und da wird nicht lange rumgefackelt oder wiedergeboren. Da wird zwo-drei-vier „recycelt. Da gebe ich den Würmern eine reelle Chance auf Revanche.“ Ja, lecko mio!

Wie gesagt: Haltung! Deshalb zur Veranschaulichung noch ’ne gottlose Survival-Episode zum guten Ende:
Als Rüdigers Vater starb, wollte der Pfarrer ihn nicht beerdigen, weil der alte Nehberg der Kirche angeblich noch 2.000,- Möpse schuldete. Rüdigers religiöse Mutter war darob so erzürnt, daß sie aus der Kirche trat. Dazu unser Rüdiger: „Wie lange es doch dauert, ehe man seine Eltern auf dem richtigen Weg hat!“ Und also kam der Senior ohne Segen, Gebimmel und Pfarrergefummel untern Rasen. Wenige Minuten später beim Leichenschmaus verkündete dann der Rüdiger der Trauer­gemeinde: „So! Und jetzt werde ich nach dem Essen zu dem Pfaffen gehen und ihn zusammenschlagen. Und ich hoffe, daß das dann ganz groß in der BILD-Zeitung rauskommt,
um vielen Menschen die Augen über die Kirche zu öffnen.“

Tja, so isser:
rüde, rüder, rüdiger.
Doch leider Gottes hatte er BILD, Europas größte Dreckzeitung, nicht vorab informiert. Und so wurd er von seiner Survival-Familie sanft aber bestimmt zurückgehalten.
„NEHBERG SCHLÄGT GEIZ-PFAFFEN KAPUTT !“
Schade.
Hätt ich ja zu gern gelesen.
Schade, schade, schade.

Jul. 2005