Männer brauchen Grenzen

Der untreue Mann

von Tina Teubner

© Tina Teubner
Der untreue Mann
 
Untreue beginnt im Kopf.“
   Wahrscheinlich hat ein Mann diesen Satz geschrieben. Wo soll Untreue sonst anfangen? In der Niere? Im Dickdarm? In den Füßen? Das Problem besteht ja nicht darin, daß Untreue im Kopf beginnt. Das Problem besteht darin, daß sie nicht dort bleibt. Denn kaum ist der Gedanke gedacht, pirscht der untreue Mann los, als müßte er sieben Büffel gleichzeitig erlegen.
   Auffallend ist hierbei die mathematische Lernbehinderung des Mannes; wie sonst ließe sich erklären, daß er ganz selbstverständlich davon ausgeht, daß ihm als 56-Jährigem eine 27-Jährige, als 73-Jährigem eine 35-Jährige zusteht! Wäre sein Augenlicht nicht wie bei uns allen altersbedingt längst getrübt, würde ihm sein Spiegelbild die Anhaltpunkte dafür liefern, daß er sich möglicherweise verrechnet hat: Geheimratsecken, Tränensäcke, welkes Fleisch in reichhaltigen Mengen. Dies alles sieht der untreue Mann nicht. Selbstverliebt lächelt er sich zu, legt sich sein Haar über die Glatze, klebt es mit Gel fest, kauft sich knackige T-Shirts, schafft sich Muckis auf den Arm und macht den Segelflugschein. Er vergißt, daß er sterblich ist.
   So weit, so peinlich.
   Nun ist es nicht einmal das Schlimmste, daß der Mann seine innere Leere zu füllen sucht, indem er sich an und in junge Dinger verschwendet. Schlimmer ist, daß er sich jemanden hält, den es zu betrügen gilt. (Daß ausgerechnet Sie es sind, die sich für dieses undankbare Amt zur Verfügung gestellt haben, ist zwar bedauerlich und gibt zu denken, ist aber in jedem Fall änderbar.) Das Allerschlimmste aber ist die nun folgende Schmierenkomödie: Die ewig gleichen Ausflüchte, die ewig gleichen Lügen. Als müßten sich alle untreuen Männer dieser Welt zwei Sätze teilen: „Schatz, die Sitzung dauert länger, ich kann noch nicht sagen, wann ich hier wegkomme“. Oder: „Mein Chef hat mir eine Dienstreise aufgebrummt. Ich muß leider ...“. Lächerlich. Und phantasielos obendrein. Bemerkenswert ist lediglich die Tatsache, wie der ansonsten stets überforderte Mann sein Doppelleben meistert. Wie er virtuos seine Lügen koordiniert, überzeugt davon, daß sein Dummchen von Frau nichts merkt.
 
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Füllen Sie die Rolle des Dummchens mit Hingabe aus. Merken Sie nichts. Aber lassen Sie sich gut dafür bezahlen. Ein Geschmeide pro Fehltritt sollte drinliegen. Vielleicht auch ein hübscher Kleinwagen. Ihr Mann wird von seinem schlechten Gewissen gebeutelt sein und sich Ihre Diskretion etwas kosten lassen. Maximale Diskretion verspricht maximalen Gewinn. Sie sehen: Auch der untreue Mann hat Vorteile.
   So.
   Das war das satirische Statement, zu dem mich mein Lektor verpflichtet hat. Ist natürlich geballter Unsinn und dient lediglich der Verkaufsförderung dieses Buches. Meine ehrliche Meinung folgt auf dem Fuße: Der untreue Mann ist indiskutabel. Abschießen. Alleine diese Entschlußkraft wird Ihnen Glanz und innere Größe verleihen und Sie zu einem äußerst anziehenden und begehrenswerten Wesen machen. Überlegen Sie sich also gut, für wen es sich lohnt, Tränen zu vergießen. Dicke, rotgeweinte Augen bringen weder den Mann zurück, noch werden Sie einen anderen damit für sich einnehmen. Also Schluß damit. Sie leben wirklich nur einmal. Da sollte es schon wahrhaftig und freudvoll sein. Und so alleine, wie Sie mit dem untreuen Mann waren, können Sie ohne ihn gar nicht sein. Sie verlieren also relativ wenig. Kloppen Sie die Schlechte-Gewissen-Geschmeide in die Tonne und legen Sie sich Würde um den Hals. Und jetzt ab auf die Piste!
 
 
© Tina Teubner

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