Sizilianische Eröffnung und Spuren der Junta

Andrea Camilleri: „Der Tanz der Möwe“ - Petros Markaris: „Abrechnung“

von Andreas Rehnolt

         


 

Vom Tanz der Möwe
und von der
Abschaffung des Euro in Griechenland
 
Zwei neue Krimis von Andrea Camilleri und Petros Markaris
 
Sizilien/Athen – „Der Tanz der Möwe“ und „Abrechnung“. Das sind die Titel der neuesten Kriminalromane, welche die renommierten Autoren Andrea Camilleri und Petros Markaris für den zu Ende gehenden Sommer geschrieben haben. In „Der Tanz der Möwe“ muß sich der in die Jahre gekommene Commissario Salvo Montalbano auf Sizilien mit dem unerklärlichen Verschwinden seines besten Mitarbeiters Fazio auseinandersetzen.
Dabei taucht 'zigmal die Frage auf, warum eine Möwe kurz vor ihrem Tod einen seltsamen Tanz auf dem Wasser vollführt. Zudem geht es um dubiose Fischkutter, in abgelegenen Brunnen entsorgte Leichen und um Montalbanos Freundin Livia, die einmal mehr sauer auf den sympathischen Feinschmecker ist und eine gemeinsame Kurzreise schlicht ohne ihn antritt. Außerdem spielen mit: Gefühle, die Mafia, transsexuelle Beziehungen und selbstverständlich jede Menge guter Speisen. Montalbano ist nicht nur ein tüchtiger Ermittler, sondern auch ein mindestens ebenso tüchtiger Genießer.
 
Das Genießen ist dem griechischen Kommissar Kostas Charitas dagegen etwas abhanden gekommen. Das Essen im krisengeschüttelten Land ist nicht mehr ganz so üppig wie vor der Euro-Krise. Griechenland hat - es ist der 1. Januar 2014 - den Euro abgeschafft und die alte Drachme wieder zur Währung erklärt. Arbeitslose ohne Ende, der Polizei werden die Gehälter nicht nur gekürzt, sondern sogar gänzlich gestrichen und alle ziehen den Gürtel noch ein paar Löcher enger. Rechtsradikale marodieren durch die Straßen Athens, in den Geschäften wird das Gemüse stückweise verkauft. 
Drei nach einem extrem ähnlichen Muster ausgeführte Morde machen Charitas zu schaffen, Morde, die irgendwie in die Zeit zurückführen, in denen Hellas unter dem Joch einer brutalen Militärjunta stand. Die Opfer, deren Ermordung schon fast zelebriert wird, waren nach dem Junta-Ende auf dem Ticket von Widerstandskämpfern in der jungen griechischen Demokratie die Karriereleiter raufgetragen worden. Das ist das einzige, was die Toten - einen Bauunternehmer, einen Universitätsprofessor und einen Gewerkschaftsfunktionär - miteinander verbindet. Und da liegt der Schlüssel zu den Mordfällen, den Charitas inmitten der neuerlichen Verelendung in der griechischen Hauptstadt auch findet.
 
Andrea Camilleri, „Der Tanz der Möwe“
2014 Lübbe-Verlag 268 Seiten, Leinen - ISBN: 978-3-7857-2499-6
19,99 €
Weitere Informationen:  www.luebbe.de
Petros Markaris, „Abrechnung“
2014 Diogenes 312 Seiten, Leinen - aus dem Griechischen von Michaela Prinzinger, ISBN: 978-3-257-06873-3
23,60 €
Weitere Informationen:  www.diogenes.ch
 
Redaktion: Frank Becker