Otto Piene †

Der Zero-Künstler Otto Piene starb im Alter von 86 Jahren

von Andreas Rehnolt

Otto Piene - Foto © obs/Kunstmuseum Celle

„Ohne Innovation gibt es nichts Schönes“
 
Zero-Künstler Otto Piene starb einen Tag nach seiner Vernissage in der Neuen Nationalgalerie
im Alter von 86 Jahren - Berühmt für seine Himmelsskulpturen
 
 
Düsseldorf/Berlin - Der Objektkünstler und Bildhauer Otto Piene ist tot. Er starb am vergangenen Donnerstag im Alter von 86 Jahren, nur einen Tag nach seiner Vernissage in der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Der am 28. April 1928 im westfälischen Laasphe geborene Piene steht international für Kunst mit Licht, Schatten, Luft, Rauch und Feuer. Der Mitbegründer der Nachkriegskunstbewegung und Avantgarde-Gruppe Zero wollte am vergangenen Samstag seine berühmten Himmelsskulpturen vom Dach der Nationalgalerie aufsteigen lassen. Nun starb er bei den Vorbereitungen in einem Berliner Taxi.
 
Der weltweit bekannte Piene, der Kunst und Philosophie in München, Düsseldorf und Köln studiert hatte, war mehrfach auf der Kasseler documenta vertreten und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem im vergangenen Jahr den mit 50.000 Euro dotierten Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt am Main. Sein Werk hat internationale Strahlkraft. Gemeinsam mit dem Nagelkünstler Günther Uecker und Heinz Mack gehört Piene zu den Pionieren der Nachkriegskunst in Deutschland. Mit Zero wollte Piene vor allem gegen die abstrakt-informelle Kunst der Nachkriegszeit angehen, bei der er „ein Übermaß an psychologischem Ballast“ sah.
Er war der Magier unter den bildenden Künstlern. Seit den 1960er Jahren zauberte er mit Feuer, Licht, Rauch, Ruß und Luft nie gesehene, manchmal vergängliche Werke, ließ mit seinen Feuerbildern Energie sichtbar werden und transformierte das Licht zu tanzenden Skulpturen. Pienes Experimentierfreude und sein Interesse an der Zusammenführung von Kunst, Natur und Technologie beeinflußten besonders die junge Künstlergeneration. Piene schuf aber auch Gouachen, stille Zeichnungen sowie Keramiken und Reliefs. Unvergessen seine aufblasbaren Skulpturen wie die mehrteilige Luftplastik „Fleurs du Mal“. In zahlreichen Texten bezeichnete der Künstler ab Mitte der 1950er Jahre das Licht als „die primäre Bedingung alles Sichtbaren“. 
 
Der eher bescheiden auftretenden Piene, der seine Lebensmittelpunkte zuletzt in Düsseldorf und auf seiner Farm im US-Bundesstaat Massachusetts hatte, suchte bis zuletzt die Herausforderung. „Ohne Innovation gibt es keine Kunst und nichts Schönes“, betonte er einmal. Immer wieder entdeckte er neue Materialien für seine Kunst - ob Leinwand, Lampen, Rauch, Feuer, Gold, Glasur oder Keramik. Der Himmel, so bekannte Piene vor wenigen Jahren, sei sein großes Vorbild, nicht zuletzt, weil auch der „sich ständig verändert“. Vor allem mit Feuer und brennbaren Farben arbeitete er bis in sein hohes Alter hinein gerne. „Dabei entstehen Formen, die man nicht kalkulieren kann“, erklärte er. 
Seinen Hang zum Feuer begründete er einmal mit seinen Erlebnissen als junger Flak-Helfer im Zweiten Weltkrieg, wo er viel Feuer gesehen, und es überlebt habe. Es seien doch „immer die eigenen Erlebnisse, die in die Kunst einfließen“, bekannte Piene. Die radikalen Ideen der Zero-Gruppe, mit neuen Materialien die Malerei zu inspirieren, fanden internationalen Widerhall. Mit 36 Jahren übernahm der Künstler an der Universität von Pennsylvania eine Gastprofessur, 1972 wurde er Professor der Umweltkunst am Massachusetts Institut of Technology, dessen Leitung er 20 Jahre lang bis 1994 innehatte.
Im vergangenen Jahr überraschte der kleine Mann mit dem vollen, langen Silberhaar und eisgrauem Bart im Museum Kunstpalast in Düsseldorf mit Graphitzeichnungen, die noch nie im öffentlichen Raum zu sehen waren. Dabei handelt es sich um große Akte aus den 1970er Jahren. Auch seine Architekturstudenten in Massachusetts mußten das Fach Aktzeichnen belegen, „Nur so konnten sie die Anatomie kennenlernen und wissen, was der Mensch, für den sie bauen, braucht“, meinte Piene bei der Ausstellungseröffnung in Düsseldorf.
 
 
 
© 2014 Andreas Rehnolt
Wir danken dem Kunstmuseum Celle für das Foto von Otto Piene.