Rom

von Konrad Beikircher

Rom
 
Natürlich ist Rom die grandioseste Stadt der Welt. Natürlich ist Rom die älteste Stadt der Welt. Natürlich ist Rom die wichtigste Stadt der Welt. Natürlich ist Rom die abendländischste Stadt der Welt. Natürlich ist Rom die Mutter aller Städte in der Welt. Natürlich ist – wo waren wir grad? Ach so, Rom, na ja, die Italiener leiden seit 753 vor Christus unter dem Größenwahn dieser Römer, ich meine: die Zeit ist vorbei, oder? Sie haben ihre Chance gehabt, die Römer, damals, aber sie haben sie vertan und seit mindestens 1700 Jahren ist es gelaufen oder? Das wissen alle, nicht nur in Italien, alle, nur die Römer nicht. Sie schauen einen heute noch mit hochgezogener Augenbraue an, wenn man sagt, daß man aus ... ist, sie haben damals schon einem ihrer größten Historiker, dem Journalisten Titus Livius (Sie wissen schon: „Ab urbe condita“ war sein Bestseller und gleichzeitig der Albtraum aller fortgeschrittenen Lateinschüler) vorgeworfen, daß er nicht Römer sei. Er, der, weil er den Vorwurf der ‚patavinitas’ nicht mehr ertrug (er war ja aus Padua und das haben die römischen Stadt-Dandys ihm immer süffisant vorgeworfen, daß man ihm nämlich eine gewisse ‚Paduanität’ anmerke, dass er also Provinzler sei) eigens ein Vorwort zu seinem Bestseller schrieb, in dem er mit gebildetstem Latein, sozusagen Feuilletonisten-Latein, brillieren wollte und nicht verstand, daß er gerade deshalb den Vorwurf des Provinzlertums zementierte, was muß er gelitten haben. Titus Livius ist im Grunde das Vorbild für alle Italiener, die seit 2700 Jahren unter dieser römischen Arroganz zu leiden haben (und die Christen weltweit unter der vatikanischen Arroganz, die genau aus dieser römischen Arroganz kommt, wen wunderts) und die bis heute kein Rezept dagegen gefunden haben. Nee, nee, Rom, komm, geh mir weg, hinfahren is ja schön, gucken auch, aber dann isses gut und du bist froh, wenn du wieder normale Luft atmen kannst, was übrigens in Tivoli schon anfängt: da isses schön, da kannst du auf Rom runtergucken und da kannst du in einem der dekadentesten Hotels Italiens auf römischem Boden essen, daß die Schwarte kracht, toll!
 

In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher
 

©  2014 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker