Ende gut

Wuppertaler Literatur Biennale 2014 mit Lars Gustafsson und Mechthild Großmann

von Jürgen Kasten

Mechthild Großmann - Foto © Jürgen Kasten
Ende gut
 
Wuppertaler Literatur Biennale 2014
Unterwegs nach Europa
 
 
88jährig und noch immer Lampenfieber? Das konnte nicht der Grund sein, warum Lars Gustafsson vor Veranstaltungsbeginn mehrmals die neogotischen Bögen der Immanuelskirche durchschritt. Wahrscheinlich wollte er nur schauen, ob auch alle da waren. So war es denn auch. Bis auf den letzten Platz füllte sich der Saal und Monika Heigermoser (Kulturbüro) konnte im Namen des gesamten Organisationsteams allen Mitwirkenden für die überaus gelungene Literatur Biennale danken und mit dem Weltbürger Lars Gustafsson, dem schwedischen Lyriker, Philosophen und Erzähler die Schlußveranstaltung eröffnen. Als vortragende Leserin saß auch Mechthild Großmann auf der Bühne. Sie lebt zwar in Hamburg; aber die Wuppertaler haben sie schon lange für sich vereinnahmt, obwohl sie in ihrer Vielseitigkeit mehr war und ist, als eine Protagonistin des Pina Bausch Tanztheaters. Unter anderem erwähnte Maike Albath Großmanns Rolle im Münsteraner Tatort, wobei Mechthild Großmann verschämt den Kopf senkte. Braucht sie nicht, ihr Part dort ist großartig.
Die Literaturkritikerin Maike Albath, alsJournalistin für viele überörtliche Medien tätig, führte kenntnisreich durch den Abend und nahm auch schon mal beruhigend Gustafssons Hand, wenn er nicht gleich das Gedicht fand, das er gerade lesen sollte. Gustafsson lachte viel, streute ab und an ein langgezogenes schwedischen „joo“ ein und las auch selber einige Gedichte und Textauszüge vor. Von 1972-74 lebte er in Berlin. Dort spielt sein Roman „Sigismund“. „Eine spannende Zeit, vorterroristisch sozusagen“, erläuterte der Autor, „in der viel diskutiert wurde und ich interessante Leute kennen lernte.“ Unter anderem Hans Magnus Enzensberger, der später auch einige Werke Gustafssons übersetzte.
 
Maike Albath begann aber mit „Der Tod eines Bienenzüchters“ (1978 erschienen), das sie bereits als Schülerin gelesen hatte und das sie faszinierte. Es sei überhaupt das Besondere an Gustafssons Prosa, daß sie mehrere Generationen anspreche, wie auch im übrigen seine Gedichte. „Wann steht ein Gedicht im Raum?“, wollte sie wissen.
„Es ist wie mit den Fischen – sie kommen oder kommen nicht“, schmunzelte Gustafsson und führte Guiseppe Ungaretti an. Zu einer Zeit, als Gustafsson noch Literaturkritiker einer Zeitschrift war, holte er einmal Ungaretti aus dessen Hotel ab. Der italienische Lyriker und  Schriftsteller trat auf die Straße hinaus, schaute in den nächtlichen Kopenhagener Himmel, und sagte: „...dieses Licht aus Porzellan.“ Diese Zeile setzte sich in Gustafsson fest. In seinem 2009 erschienenen Roman „Frau Sorgedahls schöne weiße Arme“ findet sich eine Adaption in dem Kapitel „Der Hecht“, das Mechthild Großmann fantastisch akzentuiert vorlas: „… wie weißes Porzellan am Himmel.“


Maike Albath, Lars Gustafsson - Foto © Jürgen Kasten
 
„Den Augenblick anhalten, das ist Dichtung.“ Solch schöne Sätze sagte Lars Gustafsson. Und auch: „Physikalisch vergeht die Zeit nicht, wir vergehen.“ Von einem „Zeitschwindel“ sprach er in diesem Zusammenhang.
Von 1983 – 2006 schrieb und lehrte Gustafsson in Texas, dann ging er nach Schweden zurück. „Warum?“, fragte Maike Albath. Die Antwort kam lachend: „Frau Blomqvist  (Ehefrau) hat das so entschieden und es ist gut so.“
Ach, es gäbe über diesen schönen Abend noch viel mehr zu erzählen, mein Redakteur aber legte mir ein wenig Beschränkung auf.
Nun gut, mehr und neues dann vielleicht bei der nächsten Biennale in zwei Jahren?
Lars Gustafssons Bücher sind übrigens im Hanser Verlag erschienen.
 
Ein wahrlich großartiger Schlußpunkt. Dank an alle Beteiligten des Festivals und auf ein Wiedersehen und -hören in zwei Jahren?