Bath

von Konrad Beikircher

Bath Tourism Plus / Colin Hawkins
Bath
 
Was die Römer geritten hat, nach England zu reiten – keiner weiß es. Es kann ja nicht nur der unbändige Eroberungswillen gewesen sein, ich meine: sooo attraktiv war Londinium noch nie, damals erst recht nicht. Caesar wollte aus der Weltstadt Rom nach Großbritannien, ja, um alles in der Welt, warum? Caligula hat sogar einen Leuchtturm bauen lassen, damit man von Calais aus England finde – haben die das alles gemacht, damit man 2000 Jahre später in Wikipedia schreiben kann „Schon die alten Römer...“ ? Zumal das Leben für Römer im Norden extrem aufwendig war: Heizungen mußten gebaut werden (der damalige Brite wußte ja nicht mal, wie man so was schreibt!), Wasserleitungen mußten angelegt werden, alles nur, damit es der hitzegewohnte Römer „da oben“ überhaupt aushält. Obendrein siedelten gleich hinter Londinium eigenartige Völker wie Kelten oder Kaledonier (nein, Neu-Kaledonier nicht, von denen wußte man damals noch gar nix und is auch besser so), Völker die eher dem Nebel von Thule entstiegen zu sein schienen als normalen Breiten. Die Völker können es also nicht gewesen sein, vielleicht war der Impetus, so hoch in den Norden zu ziehen, eher der normale römische Latifundien-Wahnsinn, der Gebietsdurst, der Römer war ja Einverleibungs-Gourmand nach dem Motto: „Der General fühlt sich nur dort wohl, wo sein Stiefel ruht“. Sieht man heute die gemütlichen Römer, denen ein Teller strozzapreti wichtiger ist als eine anstrengende Reise zu unternehmen (wozu denn auch, will man ans Meer, langt Ostia und will man in die Berge, langt Tivoli und um Leute kennen zu lernen braucht man doch nur zu warten, früher oder später kommen sie alle nach Rom), kann man sich gar nicht mehr vorstellen, daßsie vor gerade mal 2000 Jahren ein so reisefreudiges Volk waren! Auch Phantasie war nicht ihre Stärke, das war ja mehr die Domäne der Griechen und die Römer waren sehr neidisch darauf, deshalb waren ihre Ortsnamen eher praktisch orientiert: der kommandierende Praefectus castrorum nahm einfach auf, was herumlag, also nannte er Bath flott „Aquae Sulis“, weil: es war schon ein Heilbad und Sulis war die zuständige keltische Göttin, was soll man sich auch lang den Kopf zerbrechen um neue Namen zu finden, man ist Präfekt und hat wichtigere Aufgaben zu erfüllen, z.B. wo kommt der Altar der Minerva hin, wie viel Kohle muß ich eintreiben um schleunigst wieder nach Rom kommen zu können, würde es dem Imperator gefallen, wenn ich in Aquae Sulis das Lager halbmondförmig aufbauen würde und es – dem zunehmendem Mond zu Ehren – luna crescente nennen würde, nein besser vielleicht: regalis crescens, der königlich Zunehmende quasi, aber das bekommt Claudius imperator sicher wieder in den falschen Hals, ist beleidigt und läßt mich dann noch zwei Jahre hier im englischen Dauernebel sitzen, nöö, nöö, mögen spätere Generationen so einen Einfall umsetzen, vielleicht die Briten selbst, kann ja sein, daß die auch einmal Könige haben, wer weiß, vielleicht heißt der dann Georgius und baut in diesem verdammten Kaff einen Palast in einer Zeit, in der keiner mehr nach dem Imperator Claudius kräht, wär ja schön...



© Konrad Beikircher