Rhein und wahr

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Erwin Grosche - Foto © Frank Becker
Welches ist eigentlich die Mitsichselbstspech-Sprache?
Wissen Sie es?


11. Februar: Es macht keinen Spaß, den ganzen Tag enttäuscht zu sein, selbst, wenn man gerne enttäuscht ist. Das gute Laune ansteckend sein soll, halte ich für ein Gerücht. Ich kenne eine Frau, die hat dauernd gute Laune, das geht mir dermaßen auf den Keks, daß ich sofort schlechte Laune kriege, wenn ich sie sehe.
 
14. Februar: Heute hörte ich einen Japaner, der mit sich selbst sprach, auf Japanisch. Das hört sich vielleicht normal an, aber ich wunderte doch, daß er in japanisch mit sich selbst sprach. Früher hörte ich öfters Leute, die mit sich selbst sprachen, aber auf Deutsch. Verstehen sie? Ich habe also immer gedacht, die internationale Mitsichselbstsprech-Sprache wäre deutsch. Kinder weinen doch nur in einer Sprache, oder? Ich habe mal einem Chinesen aus der Hand gelesen, konnte aber kein Wort davon verstehen. Nur weil er lächelte, heißt das ja nicht, daß es ihm automatisch gut geht. Ob Männer und Frauen die gleiche Sprache sprechen, ist ja sehr umstritten. Manchmal denke ich, man brauchte einen Simultanübersetzer, der also das, was die Männer sagen, noch einmal für uns richtig stellt. „Wie schön, daß deine Mutter diesen Malkurs belegt“ würde simultan übersetzt lauten: „Mir kommt keines ihrer Bilder an die Wand.“ oder „Nimm nicht das Kleid, nimm jenes. Das steht dir ausgezeichnet“ könnte man übersetzen mit: „Um hundert Euro zu sparen, würde ich auch sagen, es macht dich 10 Jahre jünger“. Wir haben ja noch gelernt, daß Männer, die Zigaretten holen gehen, nicht wiederkommen, zumal mein Mann in der Wohnung nicht rauchen darf. Heutzutage verschwinden alle im Internet.
 
15. Februar: Es ist nicht immer das große Ereignis, das den Menschen glücklich macht. Ich kenne Menschen, die glücklich sind, wenn sie nach dem Genuß des Kaffees die warme Tasse noch ein wenig in der Hand halten dürfen. Welche Umwege wir manchmal gehen müssen. Es ist vielen Menschen nicht klar, daß eine Tasse Wärme auch speichern kann. Sie ist nicht nur Form mit Inhalt. Sie ist lebendige Materie, die treu uns an ihre Funktionen erinnert. Sie erinnert an vergangene Genüsse. Ich trinke manchmal meine Kaffeetasse aus und gebe sie dann meiner Frau, die sich damit auf den Balkon zurückzieht um sie in aller Ruhe in ihren Händen zu halten. Natürlich gibt es auch Menschen, die mit solchen Dingen überhaupt nichts anfangen können. Schade eigentlich. So entsteht doch Glück.



© 2014 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker