Felsarchitektur und Wandmalereien

Rainer Warland – „Byzantinisches Kappadokien“

von Friederike Hagemeyer

Felsarchitektur und Wandmalereien  -
das byzantinische Kappadokien
 
Das manchmal surreal wirkende 'Naturkunstwerk' überrascht mit Formen und Linien, die weltweit ihresgleichen suchen“; „das Land der Tuffsteinpilze“ gleicht „einer fantastischen Märchenwelt“ und hat sich zum „unbestrittenen Touristenmagneten“ entwickelt  -  so wirbt heute die Reisebranche (Türkei, Reise Know-how) für die 1985 von der Unesco zum Weltnatur- und Weltkulturerbe erklärte Landschaft Kappadokien im Anatolischen Hochland.
Etwa eine Million Touristen suchen diese Region jährlich auf. Aber ist diesen Besuchern bewußt, daß Sie sich auf uraltem Kulturland bewegen? Daß Kappadokien, wie übrigens das gesamte Anatolien, heute als die „Wiege der Zivilisation“ (Zick*) gilt?
 
Früheste Siedlungsspuren reichen bis ins 7. Jahrtausend v. Chr. zurück; etwa 1.600 v. Chr. breitet sich hier das Riesenreich der Hethiter aus; es folgen die Perser und auch Alexander der Große streift diese Gegend auf seinem Eroberungszug nach Osten. Kappadokien wird zum Zankapfel vieler Mächte bis es schließlich 188 v. Chr. unter römischen Einfluß gerät; rund zweihundert Jahre später wird es zur römischen Provinz. Nach der Teilung des Römischen Reiches 395 n. Chr. gehört Kappadokien zum Oströmischen Reich. Unter der Herrschaft von Byzanz setzt sich bald der christliche Einfluß durch. Die Zeugnisse dieser Epoche sind es,   -  neben der spektakulären Landschaft  -  die die Touristenscharen anziehen. 1071 endet die byzantinische Herrschaft in Zentralanatolien und die der islamischen Völker beginnt. Die letzten sind die Osmanen, die 1453 Konstantinopel erobern und damit den christlichen Einfluß am Bosporus beenden.
In Kappadokien überlebt die Tradition des östlichen Christentums bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Sie erlischt erst, als 1922/24 die letzten griechisch-orthodoxen Christen im Rahmen des großen Bevölkerungsaustausches zwischen Griechenland und der Türkei Kappadokien verlassen müssen.
 
Rainer Warland, ausgewiesener Experte für byzantinische Kunstgeschichte befasst sich seit Jahren mit der mittelbyzantinischen Kulturlandschaft Kappadokiens. In seinem Buch „Byzantinisches Kappadokien“, erschienen 2013 bei Philipp v. Zabern, stellt er seine neuesten Forschungsergebnisse vor. Dabei räumt er mit der bisher verbreiteten Vorstellung auf, diese Region sei vor allem ein Rückzugsgebiet für christliche Eremiten gewesen. Im Gegenteil, in Kappadokien, an der Seidenstraße gelegen, entwickelt sich über die Jahrhunderte eine lebendige Siedlungsregion mit Burgen, Klöstern, Dörfern, Friedhöfen und größeren Gehöften  -  überwiegend in den weichen Tuffstein gehauen. Die erhaltenen Zeugnisse geben Auskunft über byzantinische Lebenswelten, die sonst für uns nicht mehr greifbar wären.
Der großformatige Band ist mit herrlichen Fotos der eindrucksvollen Landschaft sowie der erstaunlichen Felsenbauten und farbigen Wandmalereien in den Felsenkirchen und -kapellen ausgestattet. Leider wird die Lesbarkeit des Textes durch den trockenen Stil des Autors und die reichlich verwendete Fachterminologie eingeschränkt. Doch die brillanten Fotografien entschädigen dafür. Im ganzen macht der Band Lust darauf, Kappadokien selber zu entdecken.
 
Rainer Warland – „Byzantinisches Kappadokien“
© 2013 Philipp von Zabern, 144 Seiten ,102 farb. und 9 s/w- Abb., geb. mit Schutzumschlag, 24 x 30 cm, - ISBN 978-3-8053-4580-4
29,99 EUR
 
Weitere Informationen: www.zabern.de    
 
Ergänzende Literatur:
Michael Ferner: Türkei, Mittelmeerküste – 2. Aufl. - Reise Know-How-Verlag 2011. 343 S.
ISBN 978-3-89662-368-3
*Michael Zick: Türkei – Wiege der Zivilisation. 2. aktual. Aufl. Konrad-Theiss-Verl. 2013. 176 S. ISBN 978-3-8062-2706-2
 
Redaktion: Frank Becker