Schnick, Schnack, Schnuck

„Yvonne“ von Witold Gombrowicz mit der Jungen Theaterwerkstatt des WTT

von Frank Becker

v.l.: Justin Estradas, Lia Jannasch, Elina Raddy - Foto © Claudia Sowa

Schnick, Schnack, Schnuck
 
Absurdes polnisches Theater
mit der Jungen Theaterwerkstatt des WTT
 
Hut ab vor dem gelungenen Projekt der Jungen Theaterwerkstatt des WTT Remscheid, mit Jugendlichen Witold Gombrowicz´ absurdes Königsdrama „Yvonne“ einzustudieren! Kristina Otten und Björn Lenz teilten sich Bearbeitung und Co-Regie, neun junge Leute (Mehmet Aydin, Lea Gröning, Lukas Mitterholzer, Naomi Schäffer, Hans Schultz, Justin Estradas, Lia Jannasch, Elina Raddy, Sophia Schulte Kellinghaus) setzten um, was der polnische Avantgarde-Autor 1935 - fünf Jahre vor der Geburt seines Landsmanns Sławomir Mrożek - geschrieben und veröffentlicht, doch erst 1957 auf die Bühne gebracht hatte. Am Samstag und Sonntag brachten sie das über ein dreiviertel Jahr erarbeitete Stück im WTT mit beachtlichem Erfolg auf die Bühne.
 
Es sollte nach Gombrowicz´ Absicht ursprünglich ein Drama in der Tradition von Shakespeares

Ensemble "Yvonne", stehend Mitte: Mehmet Aydin - Foto © Claudia Sowa
„Hamlet“ und Büchners „Leonce und Lena“ sein, wurde dann aber zur Initialzündung des absurden Theaters der polnischen Avantgarde. Ein Prinz (Mehmet Aydin) beschließt aus Überdruß und Langeweile, sich in ein armes, häßliches Mädchen (Elina Raddy) zu verlieben, ja sie zum Entsetzen des düpierten Hofstaats zu heiraten. Das Pikante: sie spricht nicht und verweigert sich der Hofetikette. Skandal! Sie wird gemobbt, schweigt ausdruckslos, ist ein Rätsel. Wie sich dazu verhalten? Werden Hohn und Spott nützen, lächelt man oder hilft Empörung? Yvonne (der Name fällt erstmalig nach einer halben Stunde) bleibt stumm. Umso mehr Aufsehen erregen die einzigen Worte während der guten Stunde des Einakters: „Ein Kreis“, „raus!“ und „Wolle“. Doch auch die bleiben kryptisch. Der Prinz zieht den eigenwilligen Plan durch, läßt sie jedoch, als der „Spaß“ vorbei ist, an einer vorsätzlich servierten grätenreichen Fischmahlzeit (Karauschen, es muß Mai gewesen sein) ersticken. Fein, alles so wie vorher, die nutzlosen Hofschranzen verbringen den Tag wieder mit ebenso nutzlosen Tätigkeiten wie Weibern nachglotzen, platte Witze reißen, Headbanging und Schnick, Schnack, Schnuck.
 
Elina Raddy fiel die schwere Aufgabe zu, als Yvonne stumm und ohne jeden Ausdruck den Anfechtungen standzuhalten. Sie bewältigte das so intensiv, daß die steinerne Miene sogar beim reichlichen Schlußapplaus noch nicht recht weichen wollte. Hervorragende schauspielerische Eindrücke hinterließen auch der sichtlich begabte Justin Estradas als König Ignaz und die temperamentvolle Lia Jannasch als Königin Margarethe mit komischem Talent und beachtlicher solistischer Text-Leistung. Chapeau!


Lia Jannasch (vorne), Elina Raddy (sitzend) - Foto © Claudia Sowa