Eine Sumpflandschaft aus Mißtrauen, Intrigen, Erpressung, Menschenraub und Giftmord

Ulrich Land - "Krupps Katastrophe"

von André Poloczek

Krupps Katastrophe
 
Über die Mitglieder der Industriellen-Dynastie Krupp läßt sich manche Geschichte erzählen. Eine der „pikanteren“ ist fraglos die, die sich mit den homoerotischen Neigungen des Friedrich Alfred Krupp beschäftigt. Daß darin trefflicher Krimistoff liegt, beweist Ulrich Land in seinem neuen Roman „Krupps Katastrophe“.
 
Die italienische Zeitung „Propaganda“ hatte bereits im Oktober 1902 über das Treiben des deutschen Großindustriellen auf der Insel Capri berichtet. Über schwule Gelage in einer eigens dafür eingerichteten Grotte. Der sozialdemokratische „Vorwärts“ griff die Berichte Mitte November auf; und bereits eine Woche später mußte eine schockierte Presse
den Tod Krupps in der Villa Hügel in Essen verkünden. Offiziell ist ein Gehirnschlag die Todesursache. Krupp ist ein Mann von nationaler Bedeutung und wird unter Teilnahme von Kaiser Wilhelm II. zu Grabe getragen. Soweit die Fakten. Und die nutzt der Krimiautor Land zum einen, um einen Blick auf die Essener Industriellenfamilie zu werfen und die eine oder andere Tür der Villa Hügel für den Leser zu öffnen. Zum anderen entwirft er um die Geschehnisse auf Capri herum gleich mehrere krimitaugliche Geschichten. Da ist die - freilich erfundene - Hauptfigur Fahrenhorst. In doppelter Mission begleitet er Krupp nach Capri: Als Fotograf soll er feine Lichtbilder anfertigen – als von Krupps Ehefrau Margarethe engagierter Privatdetektiv soll er dem tatsächlichen Treiben des italophilen Gatten auf die Schliche kommen. Doch Fahrenhorst ist alles andere als ein Ehrenmann und nutzt sein dokumentarisches Bildmaterial, um den schwerreichen Essener zu erpressen. Schließlich steht Homosexualität zu Beginn des 20. Jahrhunderts gemäß Paragraph 175 noch unter Strafe. Doch der Erpresser fordert kein Geld - Krupp soll Fahrenhorst seine Tochter Bertha zur Frau geben.
 
Land entwirft eine wahre Sumpflandschaft aus Mißtrauen, Intrigen, Erpressung, Menschenraub und Giftmord; alle haben Schlamm an den Füßen, aber wer, und wie tief in welchem Sumpf steckt, ist nicht zu jedem Zeitpunkt klar.
Auch das schafft Lesespannung. Daß wir als Leser vieles für möglich halten, liegt auch daran, daß Land immer wieder Originalzitate aus der zeitgenössischen Presse einfließen läßt und daß sich die fiktionalen Teile mit den tatsächlichen Begebenheiten aufs Beste in Einklang bringen lassen.
Als Autor zahlreicher Radiofeatures und Hörspiele hat Land schon so manchen O-Ton gehört und bearbeitet; er weiß wie Menschen reden. Und dieses Gespür für das gesprochene Wort merkt man den Dialogen an. Daß sich der Krimi um die Krupps auch fürs Lautlesen bestens eignet, beweist Land immer wieder, wenn er bei öffentlichen Lesungen seinem Romanpersonal eine Stimme verleiht.
Erschienen ist der Ruhrgebietskrimi in der Reihe „Mord und Nachschlag“, was bedeutet, daß nicht nur die Stadt Essen, sondern auch das Essen eine Rolle spielt. Im Anhang finden sich Rezepte für authentische Ruhrpottgerichte ebenso wie für Capreser Spezialitäten.
 
Ulrich Land - Krupps Katastrophe
Historischer Capri-/Ruhrgebietskrimi
© März 2013, Oktober Verlag, Münster, Klappenbroschur, 248 Seiten
ISBN: 978-3-941895-88-1
€ 15,90
 
Weitere Informationen: www.oktoberverlag.de, www.ulrichland.de