Rhein und wahr

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Entschleunigung des Lebens

26. Mai: In meiner Stadt schämt man sich dafür, alt zu sein. Eine Frau in einem Rollstuhl schrie um Hilfe, aber das war nicht so schlimm, sie aß dabei ein Eis.

27. Mai: Manche scheuen sich, die Abkürzung durch die Natur zu gehen; sie haben Angst, sie würden dort langsamer.

28. Mai: Ich frage auch nicht gerne eine schöne Frau nach der Uhrzeit; sie lenkt dabei so ab.
 
29. Mai: Gestern Nacht beobachtete ich ihren Schlaf, kam aber trotzdem nicht in ihren Träumen vor. Vielleicht wußte sie nicht, daß ich im Zimmer war.
 
30. Mai: Der Entzerrer. Es gibt einen neuen Beruf. Man nennt ihn den Entzerrer. Er wird eingesetzt auf Autobahnen und Bundesstraßen. Er entzerrt den Verkehr. Er schafft Ordnung und sorgt für Entschleunigung. Mein Vater ist Entzerrrer, auch ich strebe diesen Beruf an.



© 2013 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker